AW: Lautstärke von Konzertflügeln
(Teil 2)
Das Gerücht, Benedetti Michelangeli sei ein Hypochonder und andauernd um seine Gesundheit besorgt gewesen, ist nicht ist nicht ganz aus der Luft gegriffen. Zu seiner Verteidigung muss man sagen, dass er nur einen Lungenflügel hatte und daher alles tat, um einer Erkältung oder Grippe aus dem Weg zu gehen (aus diesem Grund reduzierte er auch seine zwischenmenschlichen Kontakte auf ein Minimum). London war eine Stadt, die er fürchtete, und trotz aller Vorsicht handelte er sich hier bei seinem Besuch 1982 eine Infektion ein. Auch im Publikum waren die Viren weithin verbreitet, wie man auf dieser Aufnahme hören kann. Benedetti Michelangeli war kurz davor, seinen Soloabend abzusagen, entschied sich dann aber doch aufzutreten, da die Organisatoren (und vor allem Sue Mallett vom Management London Symphony Orchestra) so freundlich zu ihm gewesen waren. Es ist vielleicht nicht uninteressant, dass er bei der Entstehung der hier vorliegenden Aufnahme um die 38 Grad Fieber hatte. >Beethoven ist immer ein Kampf<, sagte er zu mir in der Pause, >aber heute ganz besonders...< Die erste Hälfte des Programms bestritt er auf dem Steinway C, den er bei Beethoven bevorzugte und der sich müheloser spielen ließ. (...)
Hinter der Bühne war Benedetti Michelangeli meist sehr umgänglich. Natürlich machte er sich Gedanken über die Ausstattung des Konzertsaals und über den nächsten Programmpunkt, aber er war keineswegs so unnahbar, wie die Öffentlichkeit ihn wahrnahm. Ich habe Fotos von ihm, entstanden eine Woche zuvor, auf denen er lächelnd mit den Mitgliedern des London Symphony Orchestra und mit Celibidache spricht. Und dieselben Augen, die auf dem Podium so unheimlich und düster wirken konnten, begannen zu leuchten, wenn er sich mit einer jungen Frau unterhielt. Benedetti Michelangeli strebte nicht nur nach Perfektion, sondern verfügte auch über die nötige Konzentrationsfähigkeit, um seine Ziele zu erreichen. Vielleicht kam daher seine Entrücktheit. Er war ungewöhnlich zerbrechlich und entsprechend anfällig für Leiden aller Art. Dass sein Körper nicht immer den extremen seines Geistes folgte, mag eine Erklärung sein, warum er so häufig Auftritte absagte. In diesem Fall hatte für ihn das Wohl der Musik eine höhere Priorität als die Enttäuschung des Publikums, das er unverrichteter Dinge nach Hause schickte.
Das Konzert wurde live übertragen. Nach der Sendung sprach ich mit Peter Gould, der zu Beginn meiner Tätigkeit für den Klassik-Radiosender der BBC die Musikredaktion leitete. Er konnte sich noch lebhaft an die Aufnahme von 1959 erinnern, die ebenfalls auf dieser CD enthalten ist. (...)“
Anm. Das Konzert fand statt am 13. April 1982. Im ersten Teil des Konzerts spielte Benedetti Michelangeli die Beethoven Klaviersonaten op. 7 und op. 26 auf dem Steinway C, dann im zweiten Teil des Konzerts das 1. Heft der Préludes von Claude Debussy auf dem Steinway D.
Der Debussy ist auf dieser CD veröffentlicht:
(Teil 2)
Das Gerücht, Benedetti Michelangeli sei ein Hypochonder und andauernd um seine Gesundheit besorgt gewesen, ist nicht ist nicht ganz aus der Luft gegriffen. Zu seiner Verteidigung muss man sagen, dass er nur einen Lungenflügel hatte und daher alles tat, um einer Erkältung oder Grippe aus dem Weg zu gehen (aus diesem Grund reduzierte er auch seine zwischenmenschlichen Kontakte auf ein Minimum). London war eine Stadt, die er fürchtete, und trotz aller Vorsicht handelte er sich hier bei seinem Besuch 1982 eine Infektion ein. Auch im Publikum waren die Viren weithin verbreitet, wie man auf dieser Aufnahme hören kann. Benedetti Michelangeli war kurz davor, seinen Soloabend abzusagen, entschied sich dann aber doch aufzutreten, da die Organisatoren (und vor allem Sue Mallett vom Management London Symphony Orchestra) so freundlich zu ihm gewesen waren. Es ist vielleicht nicht uninteressant, dass er bei der Entstehung der hier vorliegenden Aufnahme um die 38 Grad Fieber hatte. >Beethoven ist immer ein Kampf<, sagte er zu mir in der Pause, >aber heute ganz besonders...< Die erste Hälfte des Programms bestritt er auf dem Steinway C, den er bei Beethoven bevorzugte und der sich müheloser spielen ließ. (...)
Hinter der Bühne war Benedetti Michelangeli meist sehr umgänglich. Natürlich machte er sich Gedanken über die Ausstattung des Konzertsaals und über den nächsten Programmpunkt, aber er war keineswegs so unnahbar, wie die Öffentlichkeit ihn wahrnahm. Ich habe Fotos von ihm, entstanden eine Woche zuvor, auf denen er lächelnd mit den Mitgliedern des London Symphony Orchestra und mit Celibidache spricht. Und dieselben Augen, die auf dem Podium so unheimlich und düster wirken konnten, begannen zu leuchten, wenn er sich mit einer jungen Frau unterhielt. Benedetti Michelangeli strebte nicht nur nach Perfektion, sondern verfügte auch über die nötige Konzentrationsfähigkeit, um seine Ziele zu erreichen. Vielleicht kam daher seine Entrücktheit. Er war ungewöhnlich zerbrechlich und entsprechend anfällig für Leiden aller Art. Dass sein Körper nicht immer den extremen seines Geistes folgte, mag eine Erklärung sein, warum er so häufig Auftritte absagte. In diesem Fall hatte für ihn das Wohl der Musik eine höhere Priorität als die Enttäuschung des Publikums, das er unverrichteter Dinge nach Hause schickte.
Das Konzert wurde live übertragen. Nach der Sendung sprach ich mit Peter Gould, der zu Beginn meiner Tätigkeit für den Klassik-Radiosender der BBC die Musikredaktion leitete. Er konnte sich noch lebhaft an die Aufnahme von 1959 erinnern, die ebenfalls auf dieser CD enthalten ist. (...)“
Anm. Das Konzert fand statt am 13. April 1982. Im ersten Teil des Konzerts spielte Benedetti Michelangeli die Beethoven Klaviersonaten op. 7 und op. 26 auf dem Steinway C, dann im zweiten Teil des Konzerts das 1. Heft der Préludes von Claude Debussy auf dem Steinway D.
Der Debussy ist auf dieser CD veröffentlicht:
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