Ich habe hier schon des öfteren dargestellt, daß der vom Komponisten beabsichtigte Zweck von Musik für mich irrelevant ist. Was zählt, sind einzig und allein meine eigenen Zwecke. Sonst könnte ich mir die "Wassermusik" nur anhören, wenn ich mit dem Schiffchen die Themse entlang fahre, für die "Coronation Anthems" bräuchte ich einen König als Beisitzer, und Serenaden müßten bei Nacht unter dem Fenster meiner Angebeteten stattfinden. Aus dem Alter bin ich aber heraußen.
"Irrelevant" ist für mich eine Übertreibung. Jemand kann ein bestimmtes Musikstück hören, weil er es in Verbindung bringt mit einem persönlichen Ereignis - z.B. dem Tag, an dem er seine Geliebte zum ersten Mal traf. Das geht in die Rezeption selbstverständlich ein, ist aber mit Hanslick gesprochen eine "außermusikalische" Motivation. Die ästhetischen Qualitäten von Händels Wassermusik entfalten sich auch, wenn das Stück nicht auf der Themse gespielt wird. Das hätte Händel selbst auch nicht anders verstanden. Der Anlaß der Komposition und der ästhetische Sinn müssen auch nicht unbedingt kongruieren. So sagt Roshdestwensky, Prokofieff habe Geburtstagsmusiken (Auftragswerke) für Stalin geschrieben, die in Wirklichkeit gar keine Geburtstagsmusiken sind. Von einer Messe unterhalten werden zu wollen geht für mich zu weit. Ebenso, wenn jemand Mahlers Kindertotenlieder unterhaltsam fände. Dann sollte er besser einen Psychiater aufsuchen.
da kommt ja auch noch ganz etwas anderes ins Spiel: Die einfachen Bauern, welche die ganze Woche im Dreck schuften ziehen sich am Sonntag, wenn es zur Kirche geht, ganz fein an, dasselbe gilt für Feste usw. Der Mensch unterstreicht damit die Bedeutung eines nicht alltäglichen Ereignisses. ...
...wenn ich jetzt sage, dass ich gerade den Hausflur, die Diele, die Küche und das Bad geputzt habe...und das auch noch ungeduscht und in absolut schlampigem Outfit...dann bin ich jetzt wohl endgültig unten durch... so what:D...jetzt gehe ich aber mal schnell unter die Dusche, ich bin wirklich kein schöner Anbilck und riechen tu ich wohl auch nicht mehr gut....:G:E
Musikalische Neuinterpretation der Stummfilmfigur des Nosferatu: Graf Orlok, ein heruntergekommener Landadeliger hat sich in die schöne Nachbarin Ellen verli...
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Bernd formuliert meine Aussagen um.
Ihm applaudierst Du.
Mir widersprichst Du.
Fällt Dir auf, was da läuft?
Bäumchen wechsle dich?
Die Äußerung von Bernd steht für sich. Ich finde sie einfach treffend. Auf Eure Auseinandersetzung muß ich mich deshalb gar nicht beziehen und habe es auch nicht. Wenn ich dazu etwas sagen will, dann tue ich es auch. :E
Von einer Messe unterhalten werden zu wollen geht für mich zu weit.
Für dich und einige andere Leute schon aber es gibt viele, die wollen nur unterhalten werden und interessieren sich nicht für den Rest. Es ist auch kein Zufall, dass sie meinen, es sei sowieso immer nur als Unterhaltungsmusik benutzt.
Tut mir leid, Das finde ich pervers. Um das Grauen geht es auch gar nicht bei Mahler - die Phänomenologie des Grauens, das ist für mich die "Toteninsel" von Rachmaninow. Das ist ein großartiges Werk und hat eine ästhetische Qualität - aber unterhaltend ist auch das nicht. Bei Mahler geht es um das pure Leid abgründigster Art. Die Tradition hat dafür das Auslegungsmuster der "Katharsis" - Reinigung durch Leiden und Mitleiden wie bei der antiken Tragödie.
Es kann überhaupt gar keine Musik geben, die nicht unterhält. Das geht aus meiner Sicht per definitionem gar nicht. Ungefähr so wie es auch keine Nicht-Kommuninkation gibt. Oder wie wird hier das Wort "Unterhaltung" sonst verstanden?
Es kann überhaupt gar keine Musik geben, die nicht unterhält. Das geht aus meiner Sicht per definitionem gar nicht. Ungefähr so wie es auch keine Nicht-Kommuninkation gibt. Oder wie wird hier das Wort "Unterhaltung" sonst verstanden?
Unterhaltung ist eine Form der geselligen Konversation. Genau die wird beim kontemplativen Hören in der Einsamkeit außer Kraft gesetzt. Bei Mozart gibsts Unterthaltung, bei Schubert nicht.
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mir schien, als ob Du in die Unterscheidung "U" und "E" etwas hineininterpretierst bzw. projizierst - "E" heißt für Dich: freudlos, ein bierernster, rein intellektueller Umgang mit der Kunst.
E ist erst mal der Gegensatz zu U, d.h. gemeint ist: die Musik ist ernst = nicht unterhaltsam.
Ich finde die (auch intellektuelle) Auseinandersetzung mit Kunst/Musik unterhaltsam.
Ich verstehe aber, dass es für Leute nicht unterhaltsam ist, für die der Einsatz des Verstands eine Anstrengung bedeutet.
Das Kriterium der Unterscheidung ist hier der Zweck. Unterhaltung ist zweckrational, d.h. das, was unterhaltsam ist, dient als Mittel zum Zweck der Zerstreuung ("Divertissement"), die Langeweile zu vertreiben bzw. nicht aufkommen zu lassen.
DAS ist bierernste Sichtweise.
Also zählen Mozarts Divertimenti aus Deiner Sicht zur U-Musik, genauso wie Opern, Händels Feuerwerks- und Wassermusik?
Ernste Kunst bzw. Musik meint dagegen, Kunst um ihrer selbst willen zu betreiben und zu rezipieren und nicht als Mittel zum Zweck irgendeiner Bedürfnisbefriedigung.
Interessant, dass Du Unterhaltung als Bedürfnisbefriedigung siehst.
Das sind schon künstliche und sehr verkopfte Konzepte.
In der Dichtung ist diese Unterscheidung schon lange geläufig nicht zuletzt mit Blick auf die Gattungen: Die Novelle z.B. ist von ihrer Herkunft her Unterhaltungsdichtung, das Drama oder die Lyrik dagegen ist "ernste" Poesie. Entsprechend werden die Gattungen auch behandelt und ist ihre Wertschätzung. Bei der Novelle ist es so, daß sie sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zur "ernsten" Dichtung - nämlich zum existenziellen Drama - gewandelt hat. Das Beispiel zeigt: Die Lyrik z.B. ist nicht deshalb "ernster" als eine Unterhaltungsdichtung, weil ein Gedicht zu lesen etwas mit Bierernst oder Intellektualismus zu tun hätte. Ein Liebesgedicht ist eine durchaus ernste Sache, weil es einfach nicht unterhalten will, der Inhalt kann leidenschaftlich, überschwänglich, freudvoll oder leidvoll und alles mögliche sein.
DAS nenne ich intellektuell und Bierernst.
Da werden gekünstelt irgendwelche Kriterien gebildet, die dann krampfhaft auf alles angewandt und um jeden Preis aufrecht gehalten werden.
Den Intellektuellen geht irgendwann der Sinn für die Leichtigkeit des Lebens und (wie du hier schön ausführst) der Liebe abhanden.
Das Leben kann man mit dem Verstand nicht umfassend begreifen.
Das merkt man genau an solchen Ausführungen, wo die Konzepte und Begrifflichkeiten weit zu kurz greifen.
n der Musik hat sich diese in der Dichtung so selbstverständliche Unterscheidung von "U" und "E" erst relativ spät durchgesetzt. Das liegt daran, daß man die Musik lange Zeit generell einfach nicht als "ernste" Kunstform angesehen hat, die mit der Dichtung oder bildenden Kunst konkurrieren kann.
Weil es damals weniger verkopfte Intellektuelle gab.
Bei Kant hat sie den niedrigsten Rang unter den Künsten und ihr Sinn reduziert sich auf die pure Unterhaltung: sie erregt Affekte und durch Abwechslung vertreibt so die Langeweile.
Kant in allen Ehren.
Aber alles auf Affekte oder verstand zu reduzieren ist wohl eine sehr starke Vereinfachung.
Aber manche brauchen das.
Zum Glück ist seit Kant viel im Denken passiert.
Bei manchen zumindest. ;)
Die Romantiker kritisieren genau das: die ausschließlich zweckrationale Betrachtung von Kunst, das "prodesse et delectare": Kunst ist entweder nützlich (prodesse), d.h. dient der moralischen Erbauung, oder sie ist unterhaltsam, macht Spaß (delectare). Beides ist zweckrational und keine rein ästhetische Betrachtung.
Wenn man nur in diesen zwei Kategorien denkt, verstehe ich das Dilemma.
Manche schränken sich eben geistig gerne ein, weil das die Welt einfacher erscheinen lässt.
Wenn ein Schauspieler den Mephisto spielt in Goethes Faust, dann wird er die Rolle nie gut spielen, wenn er das Publikum unterhalten will. Und das Publikum wird keine Ahnung davon bekommen, was die Qualität der Aufführung war, wenn es nach Sensationen sucht, unterhalten werden will.
Die Menschliche Natur so simplifiziert darzustellen finde ich reichlich naiv.
Doch Intellektualität schützt vor Naivität nicht.
Eine Schauspielaufführung ist kein Zirkus. Auch Unterhaltung kann freilich gut oder schlecht gemacht sein. Nur hat das mit ernster Kunst in diesem geschilderten Sinne zweckfreier Rezeption per se nichts zu tun. Die verlangt, daß der Rezipient sein eigenes Ego vergessen kann und sich in die Betrachtung eines Kunstwerks, das Anhören eines Musikstücks versenkt ohne alles Interesse.
Nicht die ernste Kunst verlangt das, sondern die Leute, die sich irgendwie dieses Konzept der "ernsten" Kunst zusammenschustern, damit sie sich von der profanen Unterhaltung irgendwie absetzen zu können.
Klassische Musik wie eine Schumann-Symphonie ist für ihn fade und langweilig, weil sie nicht "anmacht". Mit Musik ohne Komponente von Entertainment kann er halt rein gar nichts anfangen. Er kann eine solche Rezeptionshaltung nicht einnehmen.
Thomas Quasthoff sagte deshalb zu Gottschalk als Moderator von klassischen Events: Der versteht so viel von klassischer Musik wie ich vom Stricken!
Und weil das in Dein Weltbild passt, gilt es so.
Confirmation Bisas nennt man das.
Gerade als Geisteswissenschafter sollte man sich diesen kognitiven Fallstricken bewusst sein und eben nicht hineintapsen.
Quasthoff war ja ein ausgezeichneter Sänger.
Über seine Menschenkenntnis kann ich nichts sagen, genauso wenig, wie ich den Inhalt seiner Aussage prüfen kann.
Holger, was Du hier schreibst ist reichlich reaktionär.
In dieses enge Weltbild zwängst Du nach belieben Aussagen rein, die reinpassen, notfalls passt Du sie nach Bedarf an.
Das ganze tarnst Du mit Zitaten großer Denker (das soll Deiner Meinung wohl mehr Gewicht geben) und packst Deine stockbiederen Ansichten in ellenlange Posts, durch die man sich erst mal durchackern muss.
Ich muss mich den anderen anschließen.
Du hast für mich hier nicht die Meinungshoheit, somit sind Deine Aussagen nur Deine persönliche Meinung ohne Anspruch auf allgemeine Gültigkeit.
Ich sehe das Thema ganz anders als Du es tust.
Und ich kenne zum Glück genügend Leute, die obwohl sehr gebildet und in der Kunst sehr bewandert (teilweise selber Künstler), die bei allem Anspruch auch Freude an der Kunst und an der Musik empfinden können.
So entspannte Leute sind mir viel lieber.
:S
LG
Babak
Grüße
:S
Babak
------------------------------ "Alles was wir hören ist eine Meinung, nicht ein Faktum.
Alles was wir sehen ist eine Perspektive, nicht die Wahrheit!"
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