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Dr. Holger Kaletha
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Dr. Holger Kaletha
Zitat von Spalatro Beitrag anzeigen
Solche Traditionen und Kulturen geraten meist stark unter Druck, wenn die Technik über sie hinwegschreitet. Zink und Schalmei sind nicht umsonst ausgestorben, sie wurden durch Besseres ersetzt. Und die Mühe des Lernens ist wohl kaum ein Wert an sich.
Zitat von Spalatro Beitrag anzeigenInsgesamt ist das viel mehr eine praktische als eine ästhetische Frage. Man wird sehen, was die Zukunft bringt. Fakt ist jedenfalls, daß Virtualisierungstechniken in der Musikproduktion immer mehr an Raum gewinnen. Ich sehe keinen Grund, warum dieser Trend früher oder später nicht auch den Klassik-Sektor erfassen sollte.
Zitat von Spalatro Beitrag anzeigen
Dazu zwei interessante Links:
http://www.hdm-stuttgart.de/~curdt/Musikproduktion%20im%20Digitalen%20Wandel%201.pdf
Eine Präsentation zum Thema "Musikproduktion im digitalen Wandel". Relevant vor allem Seite 17 ff., allerdings ohne Bezug zu klassischer Musik.
http://www.hdm-stuttgart.de/~curdt/Gscheidle.pdf
Eine Diplomarbeit mit dem Titel "Virtuelle Simulation sinfonischer Musik". Ab Seite 23 findet sich ein Werkstattbericht über eine vollständige Virtualisierung des Klavierkonzerts KV 466 von W. A. Mozart. Der Autor selbst ist der Ansicht, daß "diese letzte Bastion westlicher Musikkultur [d.h. klassische Orchestermusik] durch die Möglichkeit der Imitation am Computer sicher nicht ernsthaft in Gefahr" geraten wird. Begründung: "Zu groß ist bislang der Aufwand des Simulierens und zu wenig lebendig das Resultat." - Wie sagte schon IBM-Chef T. J. Watson im Jahr 1943: "Ich glaube, daß es auf der Welt einen Bedarf von vielleicht fünf Computern geben wird." Bezogen auf den Stand der Technik zu seiner Zeit hat das sogar gestimmt :-)
Beste Grüße
Holger
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Spalatro
Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigenBei Zink und Schalmei glaube ich eher, daß diese Instrumente einem Ausdrucksbedürfnis nicht mehr entsprachen als daß der technische Wandel für ihr Verschwinden verantwortlich ist.
Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigenDie Mühe des Lernens ist für mich schon ein Wert - es wäre ein großer Verlust, wenn der Mensch Musik nur noch von der Konserve kennt und keine Musik mehr machen kann. Früher war er dazu gezwungen - mangels Radio, CD, Internet usw. Solche Fähigkeiten müssen von Generation zu Generation weitergegeben werden, sonst sterben sie aus.
Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigenUnd letztlich wird Musik immer noch mit dem oder den ausübenden Musikern in Verbindung gebracht. Die will man hören, und nicht ein virtuelles, anonymes Kunstprodukt. Würdest Du Dir im ernst eine von Niemandem dirigierte Symphonie anhören?
Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigenMit den Musikern kann man eben wie mit lebendigen Menschen reden, sie kritisieren, animieren, sich darüber streiten, ob Dirigent X für sie gut war oder nicht, wie sich ihre Klangqualität durch den neuen Orchesterchef verändert hat. Manche singen gerne im Chor und wollen an solchen Aufführungen teilnehmen oder laden ihre Verwandten, Nachbarn usw. ein. Musikalische Aufführungen, da hängt eine ganze Gesellschaft und Kultur dran.
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Titian
Zitat von Spalatro Beitrag anzeigenMusik ist für mich reines Klanggeschehen, die Umstände ihres Zustandekommens sind für mich absolut nebensächlich. Was zählt, ist ausschließlich das Ergebnis.
Du kannst deine Ansicht auch beim streicheln oder beim Sex erweitern. Da brauchst du keine Frau, es genügt eine Maschine die dich streichelst und schöne Wörter sagt, und wo du dein Ding reinstecken kannst. Wichtig ist, dass man diese Maschine exakt nach deinen Bedürfnissen (Druck, Geschwindigkeit und andere physische Variablen) einstellen kann. Noch besser, man sollte dir auch eine Spritze mit den nötigen chemischen Zutaten geben, damit du auch die gewünschte Stimmung bekommst. Ich habe kein Problem damit, dass du so was magst und machst.Zuletzt geändert von Gast; 21.06.2012, 17:17.
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carlinhos
Die Idee an und für sich finde ich interessant. Ich würde mir das vielleicht auch ein paar Mal anhören, glaube aber nicht, dass es mich länger interessieren könnte.
Für mich ist der Schöpfer eines Werkes letztlich nicht ganz vom Werk zu trennen.
Bedeutet ein Werk das Gleiche, unabhängig von wem es ersonnen worden ist? Angenommen, ein heute lebender Musiker würde zufällig eine Klaviersonate von Beethoven komponieren, würde es die gleiche musikalische Aussage bzw. Bedeutung haben wie die Sonate von Beethoven? Ich weiß, dass das extrem konstruiert ist und in höchstem Maße unwahrscheinlich, aber wenn man jetzt den Musiker durch einen Algorithmus ersetzt, der "zufällig" nach unzähligen Versuchen ebenfalls eine Klaviersonate von Beethoven ausspucken würde, hätte das dann irgendeine Bedeutung? Oder wäre es nur reine Klangoberfläche.
Ich bin der Meinung, dass ein Werk, egal ob der Musik oder bildenden Kunst, immer im Kontext gesehen/gehört werden muss. Zum Kontext gehört für mich auch der Künstler selbst, dann natürlich die Entstehungszeit, die Beziehung zu eigenen Werken und Werken anderer Künstler, die allgemeinen Umstände usw.
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Dr. Holger Kaletha
Zitat von Spalatro Beitrag anzeigenDas ist mehr oder weniger dasselbe. Vergleichbarer Fall: das Cembalo, dessen eingeschränkte Möglichkeiten zur dynamischen Abstufung nach ca. 1750 als nicht mehr ausreichend empfunden wurden. Ursache dafür ist im Prinzip nichts anderes als eine technische Beschränkung.
Zitat von Spalatro Beitrag anzeigenIn meinem Szenario ist keine Rede davon, daß die Menschen Musik nur noch von der Konserve kennen. Im Gegenteil werden sie vom Zwang des langwierigen Erlernens von Instrumenten befreit, wobei sie deren klangliche Möglichkeiten weiterhin voll ausschöpfen können, und zwar in einem weit umfangreicheren Maß, als dies heute möglich ist. Das ist kein Verlust, sondern eine umfängliche Befreiung kreativer Kräfte. Sobald die technischen Möglichkeiten weit genug entwickelt sein werden, kann die Fähigkeit, ein bestimmtes akustisches Instrument zu spielen, meinetwegen aussterben. Das ist im Lauf der Geschichte schon mehrmals passiert. Warum nicht auch bei der Violine oder Klarinette?
Zitat von Spalatro Beitrag anzeigenSelbstverständlich würde ich mir sogar Symphonien anhören, die von niemandem, also keinem Menschen, komponiert worden sind. Musik ist für mich reines Klanggeschehen, die Umstände ihres Zustandekommens sind für mich absolut nebensächlich. Was zählt, ist ausschließlich das Ergebnis. Ob dahinter ein Musiker, ein Computer oder der Zufall steht, spielt für mich keinerlei Rolle.
Zitat von Spalatro Beitrag anzeigenDas ist die soziale Komponente von Musik - sicher wichtig, aber letztlich außermusikalisches Beiwerk. Diskutieren und streiten kann man außerdem ebensogut über Presets und die Einstellung von Klangparametern; unter Popmusikern ist das Alltag. Das Entscheidende ist aber, daß man sich in meinem System nicht aufs Diskutieren beschränken muß, sondern aktiv eingreifen kann. Tempo zu langsam? Machen wir es schneller. Phrasierung zu eintönig? Erweitern wir die Variationsbreite der entsprechenden Variablen im Zufallsgenerator. Jeder kann seine eigenen Klangvorstellungen nach Gutdünken realisieren. Was soll da noch ein Dirigent?
Beste Grüße
Holger
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Spalatro
Zitat von Titian Beitrag anzeigenDu kannst deine Ansicht auch beim streicheln oder beim Sex erweitern. Da brauchst du keine Frau, es genügt eine Maschine die dich streichelst und schöne Wörter sagt, und wo du dein Ding reinstecken kannst. Wichtig ist, dass man diese Maschine exakt nach deinen Bedürfnissen (Druck, Geschwindigkeit und andere physische Variablen) einstellen kann. Noch besser, man sollte dir auch eine Spritze mit den nötigen chemischen Zutaten geben, damit du auch die gewünschte Stimmung bekommst.
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carlinhos
Zitat von Spalatro Beitrag anzeigenDas ist ein guter Vergleich. Wenn man im Lustgewinn die wesentliche Essenz von Sexualität sieht, kann tatsächlich die von dir geschilderte Virtualisierung bessere Ergebnisse bringen als etwas "Echtes". Sobald aber eine soziale Komponente dazukommt, z.B. weil man mit der Partnerin in einer dauerhaften Beziehung lebt, kehren sich die Verhältnisse um. Aber dann geht es eben nicht nur um die Lust, sondern auch um etwas "Außersexuelles", das der virtuelle Apparat nicht bedienen kann.
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Zitat von carlinhos Beitrag anzeigenIch behaupte, dass auch bei sexueller Lust immer "Außersexuelles" mitspielt, sogar wenn es sich nur um einen One-Night-Stand handelt. Kleidung, Sprache oder das Wissen, was die Person beruflich macht, welche Interessen sie hat usw. spielt für das erotische Empfinden immer eine Rolle.
Gruss
David
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Astrokerl
Zitat von carlinhos Beitrag anzeigenKleidung, Sprache oder das Wissen, was die Person beruflich macht, welche Interessen sie hat usw. spielt für das erotische Empfinden immer eine Rolle.
...... ich glaub du warst noch nie im Babylon (www.babylon.at) ..... da wirst du eines Besseren belehrt ..... :P
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carlinhos
Zitat von Amerigo Beitrag anzeigenFreud wäre ganz mit dir einig. Alles ist Sex. Wie seid ihr jetzt nach 16 Seiten endlich drauf gekommen?
Gruss
David
Es gab schon Threads hier, wo auch nach über 100 Seiten keine derart grundlegenden Erkenntnisse gewonnen wurden.
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Spalatro
Zitat von carlinhos Beitrag anzeigenBedeutet ein Werk das Gleiche, unabhängig von wem es ersonnen worden ist? Angenommen, ein heute lebender Musiker würde zufällig eine Klaviersonate von Beethoven komponieren, würde es die gleiche musikalische Aussage bzw. Bedeutung haben wie die Sonate von Beethoven?
Die wahre Stärke von Instrumentalmusik liegt in ihrer Eigenschaft, ein (mehr oder weniger) strukturiertes Klangereignis zu sein. Das bewußte oder unbewußte Auffassen dieser Strukturen, die Verfolgung sich bildender und wieder auflösender Muster, die Suche nach einander ähnelnden Mustern in unterschiedlichen Werken - das ist für mich das, was ganz wesentlich den Reiz von Musik ausmacht. Das sind aber wiederum Dinge, die man nicht leicht in Sprache fassen kann; zu ihrer Vermittlung eignen sich viel mehr geometrische oder arithmetische Systeme, die ganz ohne Worte auskommen. Das zeigt ja schon die herkömmliche Notenschrift, die Musik eben nicht in Worten, sondern in graphisch niedergelegten Zahlenverhältnissen darstellt.
Zum Beethoven-Beispiel möchte ich folgendes Gedankenexperiment anregen: Nehmen wir an, die westliche Zivilisation wäre nach 1827 erloschen und bis in unsere Tage hätte sich nichts erhalten außer einer Sammlung von Noten, die eine genügend große Anzahl von Musikwerken aus den letzten hundert Jahren vor dem Untergang enthalten. Setzen wir ferner voraus, daß es gelingt, diese Noten ungefähr so in Klang umzusetzen, wie dies von den Komponisten beabsichtigt war. Ich behaupte: Aus der in der Notensammlung dokumentierten hörbaren Entwicklung, aus den zwischen den einzelnen Werken feststellbaren Bezügen, und nicht zuletzt natürlich aus dem Klangerlebnis selbst, würde sich die wesentliche Essenz der Beethovenschen Musik so hinreichend ergeben, daß man nichts von der verlorenen Zusatzinformation vermissen müßte. Man müßte weder seinen Namen, noch seine Lebensumstände, noch den Ursprung und Zweck der Werke kennen, um sie würdigen zu können.
Das funktioniert aber nur deswegen, weil sie als musikalische Strukturen alles Nötige in sich selbst tragen und zur Entfaltung ihrer Wirkung keiner außermusikalischen Bezüge bedürfen. Natürlich ist es ganz nett, wenn man weiß, daß die drei Sätze aus "Les adieux" Abschied, Abwesenheit und Wiedersehen symbolisieren und sich auf Erzherzog Rudolf und Napoleon beziehen. Aber das ist eben genau das, was die Sonate an sich nicht vermitteln kann, weil "Rudolf" und "Napoleon" Begriffe sind, die sich rein musikalisch nicht ausdrücken lassen. Letzen Endes ist dieses Zusatzwissen auch völlig unerheblich - eine Information aus der musikalischen Regenbogenpresse, deren Verlust dem Werk nicht den geringsten Abbruch tut.
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Spalatro
Zitat von carlinhos Beitrag anzeigenIch behaupte, dass auch bei sexueller Lust immer "Außersexuelles" mitspielt.
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