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Schwarze Quadrate sind keine Kunst

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    #61
    Hallo Ingo,

    das ist eine wunderbare Beschreibung! Ich hatte ein ähnliches Erlebnis im Rijksmuseum in Amsterdam. Dort wqren einige Stilleben ausgestellt berühmter niederländischer Maler (Ruisdahl z.B.). Die Gegenstände waren so unglaublich detailgenau gemalt, daß sie fast schon materieller, also wirklicher wirkten als die Wirklichkeit. Hier sieht man sehr schön, wie das Nachahmungsprinzip eben doch mehr ist als bloße Nachahmung (siehe meinen Beitrag oben!). Die Wirklichkeit wird potentiert durch die Malerei, es wird der Apfel an sich, der tote Fisch an sich, das Brot an sich gemalt - eine platonische Wesensgestalt in sinnlicher Erscheinung gewissermaßen! Das ist wirklich aufregend!

    Die Licht-Malerei ist eine faszinierende Sache - Rembrandt und Caravaggio haben eine richtige Lichtdramaturgie entwickelt. Ich erinenre mich an ein Selbstportrait von Rembrandt in der Kunsthalle Bremen. Das Gesicht ist durch diese Lichtmalerei mit einer schier unglaublichen Lebendigkeit gemalt und kontrastiert dann mit dem total steifen weißen Kragen, der in seiner unlebendigen Steifheit das Gesicht nur um so lebendiger erscheinen läßt! Einfach unglaublich, diesen Moment vergißt man nie mehr! Da ich selber male, habe ich dazu natürlich ein besonderes Verhältnis!

    Beste Grüße
    Holger

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      #62
      Original von ukw
      Der Wunsch die "Kunst" im Alltag häufiger anzutreffen war wohl ein Grund, der Joseph Beuys dazu veranlasste den Aufruf "Jeder Mensch ein Künstler" zu tätigen und als Folge später das (derzeit noch unvollendete) Kunstwerk die soziale Plastik zu schaffen.
      Der Satz von Beuys ist mE weniger auf den Alltag gemünzt, als auf die schöpferischen Möglichkeiten, die jeder _freie_ Mensch bei der kreativen aktiven Gestaltung seines Lebensraums nutzen kann.
      Freiheit bedeutet hier, dass man sich auf niemanden berufen muss, sich hinter niemanden versteckt und auch nichts vorschiebt
      Wenn man ein wenig drüber nachdenkt, dann merkt man mE schnell, wie wenig Freiheit wir uns trauen, das ist Kopfsache
      Freiheit bedeuted halt auch Unsicherheit

      Beuys war frei und deshalb in meinen Augen einer der bedeutensten Künstler der Gegenwart

      Gruss
      Lia

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        #63
        . Tut mir leid.

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          #64
          stuka pilot war er auch.


          aber sonst bin ich ganz bei ihm.
          michi

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            #65
            Hallo Lia,

            bei Beuys speilt der typisch rheinische, mystische Katholizismus eine nicht zu unterschätzende Rolle (wie ja bei Karlheinz Stockhausen, dem Komponisten, auch!), das darf man nicht vergessen!

            Gruß Holger

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              #66
              Hallo Holger

              Das mag sein, spielte für mich aber keine Rolle
              Ich komme aus einer evangelischen dominierten, wenig mystisch behafteten Gegend, die aber die Auswirkungen der sozialen Plastik jeden Tag geniessen kann, denn ohne Beuys würden hier ca 7000 Bäume fehlen ;)

              Die Frage der inneren Freiheit stellt sich für jeden, egal aus welchem Umfeld und wenn man mal ehrlich zu sich selbst ist, dann fallen einem schon ziemlich oft Ausreden ein warum man grad mal wieder nichts tun muss für die Gestaltung des eigenen Umfelds, man treibt... Ich nehm mich da nicht aus

              Gruss
              Lia

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                #67
                Hallo Lia,

                ich bin auch Protestant! Beuys hat sich sehr stark christlicher Symbolik bedient, ich habe Literatur darüber! Die Mystiker sind ja die Freigeister in der Katholischen Kirche wie übrigens auch im Islam und im Judentum! Man denke an Nikolaus von Kues - der ja auch aus dieser Ecke stammt (!) - mit seiner These: "Gottes Wort ist nicht Gott selbst, sondern nur Gottes Erscheinung" - dessen Toleranzgedanke das Vorbild für Lessings Nathan der Weise wurde!

                Beste Grüße
                Holger

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                  #68
                  Original von demon
                  stuka pilot war er auch.


                  aber sonst bin ich ganz bei ihm.
                  michi
                  und wenn er nicht Stuka Pilot gewesen wäre
                  wäre er nicht abgeschossen worden
                  und von den Tartaren an der Krim halb tot gefunden und in Filzdecken gehüllt und mit Fett einbalsamiert worden...

                  Wer schon einmal wirklich schwer verletzt war, weiß welch einschneidendes Erlebnis so eine Verletzung sein kann. Es ist ein "kleiner Tod" - sensible Menschen berichten von Erlebnissen, die sie "außerhalb ihres Körpers erlebt haben.

                  Im Falle Joseph Beuys hat sich hier so etwas ähnliches wie eine Einweihung (Initiation) vollzogen. Die Substanzen Filz und Fett spielten dabei (und darum auch später) eine wichtige Rolle.

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                    #69
                    danke, weiss bescheid.



                    ich muss sagen, nichts auf der welt geht mir mehr auf die nerven als kunst, kunst-theorie und kunst-wirtschaft.

                    allein der begriff "kunst" nimmt den leuten (uns!) die kunst aus der hand. dass ein >anerkannter< künstler erstmal sagen muss dass jeder mensch ein künstler ist zeigt uns doch wie durcheinander die kunstverhältnisse sind.

                    also, filzer in die hand und ubahn vollschmieren!
                    beim einkaufen singen!
                    beim zähneputzen tanzen!
                    irgendsowas!

                    :S
                    michi


                    edit:
                    übrigens toll wie beiläufig hier "beuys" geschrieben wird. dabei ist das so ein schwieriger name :T
                    ich muss immer nachschauen...

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                      #70
                      Original von demon

                      also, filzer in die hand und ubahn vollschmieren!
                      beim einkaufen singen!
                      beim zähneputzen tanzen!
                      irgendsowas!
                      Na, genau das meinte Beuys damit nicht, denn diese Aussage bezieht sich auf die soziale Plastik.
                      Und da geht der Grundgedanke dann doch deutlich aus über die eigene Bedürfnisbefriedigung hinaus ;)
                      Ein Beispiel dafür sind zb die schon erwähnten 7000 Eichen - Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung


                      Gruss
                      Lia

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                        #71
                        du hast recht.
                        ich hab mich wieder von meinen romantischen vorstellungen davontragen lassen.
                        :H
                        bei mir ist wirklich jeder mensch ein künstler

                        michi

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                          #72
                          Original von Dr. Holger Kaletha
                          ... Ich erinnere mich an ein Selbstportrait von Rembrandt in der Kunsthalle Bremen. Das Gesicht ist durch diese Lichtmalerei mit einer schier unglaublichen Lebendigkeit gemalt und kontrastiert dann mit dem total steifen weißen Kragen, der in seiner unlebendigen Steifheit das Gesicht nur um so lebendiger erscheinen läßt! Einfach unglaublich, diesen Moment vergißt man nie mehr! Da ich selber male, habe ich dazu natürlich ein besonderes Verhältnis!
                          Beste Grüße Holger


                          hallo Holger

                          Wenn ich mir vorstelle, alle Maler leben in der Gegenwart, nicht schon gestern gelebt haben oder vorgestern, so scheint mir, ist Rembrandt ein sehr moderner Maler.

                          Der ist unvergleichlich. Der hatte den Pinsel immer richtig in seiner Hand. Ich verstehe es nicht, in den abgebildeten Motiven die Botschaften zu entdecken, die er vielleicht untergebracht hat. Das haben ja viele andere Maler auch getan. Dabei die Pinselspuren in seinen Bildern, kein Zögern, nie Unsicher, immer zu allem entschlossen. Dieses vorbildliche Handwerk zeigt gemalte Realität, so gnadenlos dynamisch, da kommt niemand mit. Vielleicht Picasso. Nichts ist verkünstelt. Alles pure Energie.

                          Was mich natürlich zusätzlich beeindruckt ist, die Maler haben damals ihre Farben selbst zubereitet, auch den Malgrund. Da gabs keinen Grosshandel oder Bastelstübchen, die Tuben feilbieten.

                          Wenn ich auf jedes Motiv verzichte, mir eine Motivation zur Malerei nur aus dem verwendeten Material zöge, so wie es zunächt mal vorliegt, rohe Pigmente, Holzbretter, Kreide, Hasenleim, Öl ist da ja auch schon wieder modern - (!), Holzkohle, Ei, was könnte ich so zustande bringen? Bin ich überhaupt in der Lage, die Mittel zum Zwecke der Malerei zu begreifen?

                          Als Höhlenmaler beginne ich immer noch und immer wieder quasi wie mit Fett und
                          Ei und Blut und der Erde und verbrannten Knochen und dem Holz, so als ob alles immer wieder von vorne beginnen muss. Wenigstens Pigmente müssen dabei sein. Nur dann ist die Farbe echt.

                          Der Rembrandt hat ja auch mit Ei gemalt. Ein extra Erlebniss zu sehen, dass dies Jahrhunderte lang erhalten bleibt.

                          Die richtigen Kenntnisse der Anwendung des verwendeten Materials können vermuten lassen, daß es der Kunst nicht alleine nur um fantastische Gedanken geht, sondern auch um ihre Manifestation im verwendeten Material, im Filz, im Öl, Im Holz, meinetwegen dann auch im Kunststoff, aber das ist doch wieder nur Kohlenstoff, so wie das verbrannte Holz ... die Kreide, um dem Grund eine praktische Oberfläche zu geben, die ist auch unverzichtbar.
                          Der Farbkörper Konsistenz, die einen sehr fein und die anderen grober und eigenwillig, diese Pigmente, wenn er die anreiben musste um Malen zu können, da steckt so viel Arbeit drinn und Muskelkater und Blasen an den Händen, das ist dann kein Wunder, daß er einen forschen Duktus ausgebildet hat.
                          Last.fm Was ich zuletzt gehört habe ...

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                            #73
                            Hallo Ingo,

                            Deine Begeisterung für die alten Maltechniken kann ich gut verstehen! Die Industriefarben haben sich da ja oft einfach >blamiert< durch ihre Unbeständigkeit. Es gibt ein bestimmtes Van Gogh Bild, das ist heute nicht mehr gelb, sondern grün!

                            Allerdings - die moderne Freiluftmalerei wäre ohne Ölfarben aus der Tube nicht möglich gewesen. Die alten Lasurtechniken sind nur etwas fürs Atelier!

                            Beste Grüße
                            Holger

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                              #74
                              Das schwarze Quadrat

                              Original von Dr. Holger Kaletha

                              du schriebst gestern Da ich selber male, habe ich dazu natürlich ein besonderes Verhältnis!

                              Allerdings - die moderne Freiluftmalerei wäre ohne Ölfarben aus der Tube nicht möglich gewesen. Die alten Lasurtechniken sind nur etwas fürs Atelier!
                              Beste Grüße
                              Holger
                              in welchen Techniken malst Du? Würde mich schon interessieren!
                              ... unter dem Thread Titel der schwarzen Quadrate die keine Kunst sein sollen, dürfte sich eine Menge unterbringen lassen. ;)
                              Last.fm Was ich zuletzt gehört habe ...

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                                #75
                                RE: Das schwarze Quadrat

                                Hallo Ingo,

                                ich mache hauptsächlich Aquarelle und Zeichnungen. Das Aquarell ist zwar eine heikle Technik, weil man sie nie völlig beherrschen kann - und Fehler veriieht sie nicht. Wenn eine Farbe >tot< gemalt ist, kann man das Bild in den Eimer schmeißen! Aber das fasziniert mich gerade, diese Grenze zwischen Kontrolle und Unkontrollierbarem und daß man mit der Farbe, dem Papier denken muß, der Materie nichts aufzwingen kann! Bei Öl kann man so ziemlich alles überdecken, bei der Durchsichtigkeit von Aquarell bleibt nichts verborgen! :M

                                Beste Grüße
                                Holger

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