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Uhrwerk Orange

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    Uhrwerk Orange

    Liebe MitgliederInnen !

    Weil keiner was schreibt, fange ich mit einem Klassiker mal an.

    Wenn ich zurückdenke,
    hat die Filmmusik von Uhrwerk Orange(1971) mich sehr beeindruckt.
    Ich habe den Film in der Mitte der 80er Jahren zum ersten Mal gesehen.


    Copyright Warner CC

    Komisch dabei war:
    dass ich die Haupt-Filmmusik(Beethoven 9te) schon vorher sehr gut kannte.
    dass ich kein großer Fan von Beethoven war/bin.
    Trotzdem fand ich die Filmmusik genial.

    Ich hatte vorher nie gedacht, dass der 2. Satz der 9ten Symphonie so gut zu den Gewaltszene passt.
    Ob der Film eine Art Gehirnwäsche bei mir verursacht hatte?

    Wie fand Ihr die Filmmusik zu dem Film?

    LG Ahura

    #2
    Hallo Ahura!

    Hab den film erst vor kurzem das erste Mal gesehen, auf DVD. Mich hat die Handlung zu sehr beschäftigt, um nicht zu sagen irritiert, als dass ich groß auf die Musik geachtet hätte.
    Nur beim flotten Dreier ist mir das Zusammenwirken von Musik und Handlung aufgefallen.

    Ist bei mir aber immer so. Filmmusik ist für mich im Allgemeinen gut, wenn sie mir (beim erstenmal Sehen) nicht auffällt, denn dann unterstützt sie die Szene einfach nur, ohne sich selbst in Szene zu setzen.
    :P
    Ausgenommen natürlich, wenn die Musik ein wesentlicher Aspekt der Handlung ist, wie z.B. bei Musicals oder auch beim Film "8 Frauen", ein exzellenter Film mit der perfekten Musik dazu, der aber wohl nicht als Musical zählt.

    lg, Wolfgang

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      #3
      Hallo Wolfgang und @ALL

      Neulich habe ich erfahren, dass das Ende des Films von der Vorlage des Romans abweicht. Die spätere Fassung des Romans endet so:

      Original von WIKIPEDIA
      Die politischen Machthaber arrangieren sich mit ihm(Alex), um bei der anstehenden Wahl nicht unter seiner Geschichte leiden zu müssen. Der Systemgegner wird weggesperrt. Alex erhält einen gutbezahlten Job und findet neue Freunde, mit denen er wiederum Unheil stiftet.

      Doch die Gewalt macht ihm keinen Spaß mehr. Er merkt, dass er älter wird, und als er einen seiner früheren "Droogs" (Nadsat für "Kumpels") trifft, der gerade eine Familie gegründet hat, träumt er selbst von einer Familie und merkt schließlich, dass sich das Uhrwerk weiter dreht und er ihm nicht entrinnen kann.
      http://de.wikipedia.org/wiki/A_Clockwork_Orange_%28Buch%29

      Dieses Ende gefällt mir besser bzw. verständlicher als der Film.
      Hier ein Film-Kritik von WIKI:

      Original von WIKIPEDIA
      A Clockwork Orange ist ein typischer Kubrick-Film: im ersten Moment irritierend und schockierend. Kritisiert wird häufig, dass die Gewalt ästhetisiert wird (wobei die Handlung zur Zeit der Filmproduktion bereits realitätsnäher war, als das Buch zuvor).

      Kubricks Ablehnung gegen das Establishment kommt auch hier wieder zum Ausdruck, wenn er einer Regierung Machthunger und der Wissenschaft Allmacht unterstellt. Und das, obwohl er selbst als sehr autoritärer Regisseur galt.

      Die Kritik an der Gesellschaft wird am deutlichsten gezeigt, indem Alex stets der Verlierer ist: als Mörder eingebuchtet, als Versuchsobjekt von der Wissenschaft missbraucht, von einem zynischen Schriftsteller als politisches Vehikel eingespannt und zu guter Letzt entschuldigt sich der Innenminister bei Alex - er dient nur dazu, das Image der angeschlagenen Regierung wieder zu polieren. Jede Institution tut das aus ihrer Sicht moralisch Richtige, alle verfolgen ziemlich hehre Ziele - doch stets auf Kosten des Individuums.

      Die Selbstverständlichkeit, die Alex in seiner Gewalttätigkeit zunächst an den Tag legt, zeigt Kubrick, indem er von brutaler Gewalt bestimmte Szenen durch heitere Klassikmusik begleitet. Das Leid der Opfer erreicht Alex nicht im Mindesten.

      Kubricks Film macht sich durch die Figur des Alex über die brutalen wie subtilen Disziplinierungs- und Besserungsmaßnahmen lustig. Das System, das aus diesem Jungen einen Mörder machte, ihn dafür einsperrte, ihn durch über aller Kritik stehende Wissenschaftler wieder „gesellschaftsfähig“ machte und als psychischen Krüppel aus der Haft entließ, es funktionierte an keiner Stelle. Aber der eigentliche Kritikpunkt ist ein anderer:

      Alle Beteiligten sind am Ende der Auffassung, Alex sei ein Paradebeispiel dafür, dass die vorgenannten Institutionen ihre Arbeit bestens leisteten und Alex davon profitiert hätte. Keiner hat ein Auge dafür, dass genau das Gegenteil eingetreten ist.

      Letzten Endes postulieren der Film sowie die Buchvorlage, dass jedem Menschen die Freiheit gegeben werden sollte, sich schlecht und falsch zu verhalten; denn ein Individuum, das sich gut verhalten muss, ist indoktriniert und zu keiner eigenständigen Persönlichkeitsentfaltung mehr fähig (d. h. der Zwang zum Guten macht einen Menschen zum „Clockwork Orange“). Clockwork als Uhrwerk ist eine exakt funktionierende Maschine, und Orange nimmt vermutlich Bezug auf die malaiische Sprache, wo „orang“ „Mensch“ bedeutet (vgl. Orang-Utan). Der Autor Anthony Burgess lebte längere Zeit in Malaysia.

      Anthony Burgess erklärte den Titel seines Buches so: „1945, als ich von der Army kam, hörte ich einen achtzigjährigen Cockney in einem Londoner Pub von jemandem sagen, er sei 'schräg wie eine aufgezogene Orange'. Der Ausdruck faszinierte mich als eine Äußerung volkstümlicher Surrealistik. Die Gelegenheit, die Redensart auch als Titel zu benutzen, kam 1961, als ich mich daran machte, einen Roman mit dem Thema der Gehirnwäsche zu schreiben.

      Der Mensch ist ein Mikrokosmos, er ist ein Gewächs, organisch wie eine Frucht, er hat Farbe, Zerbrechlichkeit und Süße. Ihn zu manipulieren, zu konditionieren, bedeutet ihn in ein mechanisches Objekt zu verwandeln - eine Uhrwerk-Orange.“ (Anthony Burgess, Uhrwerk Orange, Heyne Buch Nr.928, Deutsche Erstveröffentlichung, 1972)
      http://de.wikipedia.org/wiki/Uhrwerk_Orange_(Film)
      :S
      LG Ahura

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        #4
        Wie fand Ihr die Filmmusik zu dem Film?
        Ich habe den Film in den 70ern mal im Kino gesehen.
        Ich mag diesen Film nicht!
        Die Musik fand ich damals beeindruckend, so wie sie aus diesen, wenn ich mich richtig erinnere, riesigen Lautsprechern tönte.

        Vor ein paar Wochen ist der Film im Tv gelaufen. Ich wollte ihn
        n i c h t wieder sehen. Ein Sch.... Film.
        Last.fm Was ich zuletzt gehört habe ...

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          #5
          Komischer Film... :P

          Hätte er mit der gezeigten Gewalt *damals* nicht polarisiert, dann würde wohl keiner mehr davon sprechen...

          Gruss
          Stefan

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            #6
            Original von pinoccio
            Komischer Film... :P

            Hätte er mit der gezeigten Gewalt *damals* nicht polarisiert, dann würde wohl keiner mehr davon sprechen...
            Teilweise

            In Südkorea war der Film bis 1986 gänzlich verboten.
            In Nordkorea... immer noch als ein gutes Beispiel "kapitalistisches" Dekadenz nur für hohe Parteifunktionären zugelassen.
            :S
            LG Ahura

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              #7
              In Nordkorea... immer noch als ein gutes Beispiel "kapitalistisches" Dekadenz nur für hohe Parteifunktionären zugelassen.
              *Das* kann ich mir vorstellen! Die würden auch "Derrick" oder Erik Ode für ihre Zwecke einspannen. Eine qualitätsmäßige Aussage über einen Film, ist deren menschenverachtendes Tun, Denken und Handeln trotzdem nicht.

              Gruss
              Stefan

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                #8
                In Summe ein Meilenstein.
                Zunächst mag er irritieren, weil Musik und Handlung so richtig nicht zusammen passen - aber dafür passen Musik und Bildkomposition umso besser (man denke dabei nur an den Anfang), manchmal fühlt man sich wie in einem obskuren Musical. Beethovens 9. ist angeblich von Ferenc Fricsay und den Berliner Philharmonikern.

                Ich habe den Film erst vor ein, zwei Jahren zum ersten Mal gesehen und wollte zunächst nicht glauben, dass der schon 1971 gedreht wurde. Seiner Zeit weit voraus, wenn man bedenkt, dass Wild at Heart, Natural Born Killers oder Pulp Fiction erst 20, 25 Jahre später entstanden.

                Shake a leg
                zz

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                  #9
                  Seiner Zeit weit voraus
                  Worin?

                  Was beschreibt er, indem er seiner Zeit weit voraus ist?

                  Worin gefällt sich der Film im Spiegel seiner Zuschauer ?
                  Wen spricht er an und worin bestünde die Identifikation?

                  Was kann ein Zuschauer entdecken, ausser den eigenen Fantasien?

                  Was will er mitteilen? Hoffnungsvolle Realität oder des Scheitern?
                  Daß rücksichtlose Gewalt ein Mittel ist, um Ziele ereichen zu können?

                  Was ist Zeit, um ihr voraus zu sein?

                  Ist der Film ein Mittel um Zeit anhand dieses Beispiels zu interpretieren?
                  Fragen über Fragen.

                  Realismus?

                  In Summe ein Meilenstein.
                  Da steht der Zuschauer heute also an einem Meilenstein. Wessen Position markiert dieser Meilenstein?
                  Cineastisches Vergnügen? Die ultimative Popcorn Offenbarung.

                  Atemlos und doch dabei.
                  Last.fm Was ich zuletzt gehört habe ...

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                    #10
                    "Seiner Zeit voraus" finde ich nicht. Es ist ein greller Streifen im typischen (englischen?) 70er-Stil. Tabus sind gefallen, die neue Freiheit wird ausgelebt. Denkt an Monty Python!

                    Meilenstein? Weiß ich nicht. Auf jeden Fall ein "Original".

                    Ingo, versuch doch nicht stehende Begriffe zu zerfragen.

                    lg, Wolfgang

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                      #11
                      Original von visir
                      Ingo, versuch doch nicht stehende Begriffe zu zerfragen.
                      lg, Wolfgang
                      Mhmm. Da bin ich wohl zu weit gegangen, äh, sehe das zu verbissen.
                      Last.fm Was ich zuletzt gehört habe ...

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                        #12
                        RE: Uhrwerk Orange

                        Hallo @ALL

                        Ich persönlich zähle den Film nicht unbedingt zu meinen Lieblingsfilmen, aber…
                        Das Urwerk Orange ist zweifellos Einer der großen Filmen unserer Zeit.
                        – zumindest nach der Beurteilungen vom Amerikanischen Film-Institut (AFI)

                        Rang 46. von den 100 besten amerikanischen Filmen
                        (Letzte Wahl vom Jahr 1998, eine Befragung von 1500 Künstlern und Filmschffenden)


                        Rang 21. von den 100 besten amerikanischen Thriller (Letzte Wahl vom Jahr 2001)


                        Rang 12. von den 100 besten Bösewicht amerikanischer Filmen für den Hauptdarsteller, Malcolm McDowell. (im Jahr 2003)


                        Übrigens war der Film im Jahr 1971 für "Academy Award for Best Picture" nominiert gewesen.
                        :S
                        LG Ahura

                        PS:

                        Das Amerikanische Film-Institut (AFI) ist eine unabhängige gemeinnützige Organisation, die von "the National Endowment for the Arts" im Jahr 1967 gegründet wurde.


                        "The National Endowment for the Arts" ist ein Fond mit dem Zweck kulturelle Aktivitäten in den USA zu fördern. Der Fond wird von der US-Regierung finanziert.

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                          #13
                          Amerikanischen Film-Institut (AFI)
                          Kenn ich nicht... Aber da war was von "Amiland" und US-Regierung gestanden.

                          :W

                          Gruss
                          Stefan

                          ps Ahura nix für ungut :S

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                            #15
                            Neben "2001-A space Odyssey" und "Dr. Strangelove" gehört "Clockwork Orange" zu meinen Lieblingsfilmen von Kubrick.

                            Meiner Meinung nach ist dieser Film sehr wohl seiner Zeit voraus, da die Thematik von Gewalt und der menschlichen Psyche im Bezug auf Gewaltverbrechen aktueller denn je ist. Er ist sowohl Zeitbild als auch Kritik an der Gesellschaft. Überzogen satirisch und dennoch erschreckend real.

                            Ich zitiere an dieser Stelle eine Kritik aus filmstarts.de, die, wie ich finde, sehr gelungen ist:

                            [...]
                            „A Clockwork Orange“ spielt in der nahen Zukunft, 1983. Der Titel des Films ist ein Wortspiel – ein mechanisches, künstliches, roboterhaftes Wesen, „orange“ Orang-Utan, eine haarige affenartige Gestalt. Die Sprache der vier „droogs“ (Burgess nannte sie Nasdat) ist eine Mischung aus englischer und russischer „vornehmer“ Sprache und Slang. Alex Interessen – Vergewaltigung, extreme Gewalt und Beethoven – praktiziert er in einer polizeistaatsähnlichen Umgebung, aber auch in einer von grellen, sich beißenden Farben, Plastikmöbeln, moderner Kunst und kalten Räumen geprägten Atmosphäre des (sozialen) Desinteresses und Egoismus.

                            Kubrick inszeniert die gewalttätigen Szenen im ersten Drittel des Films virtuos als Ballett, durchzogen von klassischer Musik oder sentimental-schönen Hits wie „Singin’ in the Rain“, die – während der Vergewaltigung von Mrs. Alexander – zur Perversität des Geschehens beitragen. Der zeitgenössische Vorwurf, Kubrick habe damit zur Gewaltverherrlichung beigetragen, ist unsinnig. Er inszeniert und visualisiert die Mentalität seiner zentralen Figur aus dessen Sicht: Sein Leben ist eine Sinfonie aus Gewalt und gewalttätigem Sex. Etwas anderes kennt er nicht, will er nicht. Kubrick fragt – scheinbar – nicht nach der Entstehung dieser Mentalität. Das allerdings täuscht, wenn man sich den Film als Ganzes vor Augen führt. Während er im ersten Drittel den Eindruck erweckt, Gewalt würde von Personen ausgeübt, die sich quasi außerhalb der Norm gestellt haben und deshalb verfolgt werden müssten, offenbaren die Drohungen des Bewährungshelfers Deltoid (Aubrey Morris) schon etwas anderes: Er verlangt von Alex, sich aus allem Schmutz herauszuhalten, sich also einer freiwilligen „Gehirnwäsche“ zu unterziehen – und greift ihm, während er dies sagt, fest an seinen Genitalien. Das Normale erweist sich schon hier als Abstraktum, denn es rührt nicht aus Erfahrung, sondern stellt sich gegen sie. Als Alex sich dem Experiment stellt, in einem ambivalenten Sinne „freiwillig“ (denn wenn er es erfolgreich hinter sich bringt, wird er freigelassen), setzt man ihm die „Dornenkrone“ auf. Alex starrt – wie tot, mit aufgerissenen Augen – auf die Leinwand, die ihm die ganze Gewalt der Geschichte und der Gesellschaft demonstriert. Die Abscheu, die dies in ihm hervorrufen soll, entsteht – aber nicht aus einer allumfassenden Absicht der Ächtung von Gewalt, sondern mit dem Ziel des Schutzes der legalen und legitimen Staatsgewalt.

                            Die Analogie zur Kreuzigung Jesus ist aus dieser Szene nicht wegzudenken: Die „Dornenkrone“ (Verkabelung), das „Kreuz“ (die Leinwand), die „Mörder“ des „freien Willens“ (Staat und Ärzte) – eine extreme Provokation, die jedoch einen realen Hintergrund hat. Denn so abscheulich das ist, was Alex und seine Bande getan haben: die „Mörder“ des „freien Willens“, der Widerstandsfähigkeit praktizieren nichts anderes, als aus einem Menschen eine funktionierende Maschine zu kreieren, einen disziplinierten Mechanismus, wie ihn „die Gesellschaft“ vermeintlich braucht. „Die Gewalt“ erweist sich – wie man einzelne Akte der Gewalt auch beurteilen mag – als zentrales, ja konstituierendes Moment von Gesellschaft. Sie entstammt nicht Menschen, die sich außerhalb ihrer gestellt haben, sondern ihr selbst.

                            Existieren die Polizei, die Staatsmacht nur, weil die Gewalt besteht? Oder umgekehrt? Keines von beiden. „Verbrecher“ und „Staatsmacht“ sind zwei Seiten einer Medaille. In „2001: A Space Odyssey“ gibt es eine ganz ähnliche Analogie, als einer der ersten Menschen gezeigt wird, wie er einen größeren Knochen aus einem Skelett aufhebt, ihn zunächst auf und ab bewegt, dann damit auf den Boden schlägt und entdeckt, dass er mit der Wucht dieses, seines verlängerten Arms töten kann, erst Tiere, dann auch Menschen. Das ist die Geburtsstunde der Waffe, vor allem aber der Gewalt als sozialer Erscheinung. Wenig später schmeißt er den Knochen in die Luft, Kubrick wechselt die Szene und zeigt – Tausende Jahre später – ein Raumschiff – der moderne verlängerte Arm der Gewalt. Die erfolgreiche Mutation eines gewalttätigen jungen Mannes zum willenlosen, blutarmen Werkzeug verschafft ihm jedoch keine Ruhe. Zwei seiner Freunde sind ebenfalls mutiert: zu Polizisten, die ihn zusammenschlagen, fast ertränken.

                            Ein Gegenentwurf zur christlichen Heilslehre? Vielleicht, aber nicht nur. „A Clockwork Orange“ ist in meinen Augen vor allem ein kritischer Wurf gegen die Folgen und Bedingungen der Aufklärung, gegen das, was man auch „Sozialdisziplinierung“ nennen könnte, gegen das von Foucault beschriebene „Gefängnis“, die von Norbert Elias analysierte Einzwängung der emotionalen Bedürfnisse in das zivilisatorische Korsett und die schleichende Disziplinierung, gegen das allumfassende Bewerten, „Schubladisieren“, Einordnen, Interpretieren.

                            Der Historiker Gerhard Oestreich, der sich mit den Folgen sozialdisziplinierender Prozesse beschäftigte, zitierte in einem seiner Aufsätze den Anarchisten Proudhon: „Proudhon hat in einem Satz die Gesamtwirkung [von Sozialdisziplinierung] in der Sicht eines Anarchisten beschrieben: ‘Regiert sein, das heißt unter polizeilicher Überwachung stehen, inspiziert, spioniert, dirigiert, mit Gesetzen überschüttet, reglementiert, eingepfercht, belehrt, bepredigt, kontrolliert, eingeschätzt, zensiert, kommandiert zu werden [...], bei jeder Handlung, bei jedem Geschäft, bei jeder Bewegung notiert, registriert, erfasst, gestempelt, vermessen, bewertet, versteuert, patentiert, lizenziert, autorisiert, befürwortet, ermahnt, verhindert, reformiert, ausgerichtet, bestraft zu werden.’ Das sind die negativen Resultate, mit denen wir auch heute noch nicht fertiggeworden sind« (1).

                            Kubricks Film erscheint wie eine satirische, bitterböse Farce über diesen Prozess, zu einer Zeit, als sich Menschen aufmachten, die Schrecken der Vergangenheit aus ihrer Verdrängung zu treiben, sich aber gleichzeitig neuen (alten) Ideologien über den „neuen Menschen“ verschrieben. Einem der Opfer von Alex, dem Schriftsteller Alexander, steht die Wut, der Hass im Gesicht geschrieben, als er Alex aufpäppelt. Alexander ist Gegner der Ludovico-Technik, aber als er erkennt, dass Alex der Peiniger seiner Frau ist, steigt auch in ihm die Bereitschaft zur Gewalt. Der Fortschritt und das fortschrittliche Denken verkehren sich in die Bereitschaft zum Mord, von der Alexander nur deshalb keinen Gebrauch macht, weil der Innenminister sein erklärter Gegner ist.

                            „A Clockwork Orange“ ist nach 30 Jahren ein für mich noch immer aktueller, sehr gegenwärtiger und gegenwartsbezogener Film. Das, was man mit dem Begriff „Diktatur“ umschrieben hat, ergießt sich heutzutage nicht mehr so sehr aus den inszenierten Gesten eines „Führers“ und dem schlachtenden Hinlangen seiner Adjutanten und Helfershelfer; sie ist subtiler geworden, schleichender, unmerklicher. Sie diszipliniert uns, ohne das wir es unbedingt bemerken. Sie überzieht uns mit einer Normalität, die wir uns oft empörend weigern auch nur ansatzweise in Frage zu stellen.

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