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Junge Künstler: Aufgehende Sterne oder Sternschnuppen

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    Junge Künstler: Aufgehende Sterne oder Sternschnuppen

    Dieser Thread ist gedacht zur Besprechung von Aufnahmen, die von jungen Künstlern stammen, die als Talente von den Plattenfirmen entdeckt und als neue Sterne am Interpretenhimmel gefeiert werden. Sind das wirklich Fixsterne, die da am Firmament des musikalischen Olymps erscheinen oder nicht doch schnell verglühende Sternschnuppen?

    Ich hatte vor einiger Zeit an anderer Stelle über die Geigerin Lisa Batiashvili berichtet, die mich wirklich sehr beeindruckt hat - für mich eines der vielversprechendsten Talente seit Jahren! Sie hat dieses Jahr den Echo-Klassik für Nachwuchskünstler erhalten (in diesem Punkt stimme ich der Jury vorbehaltlos zu, vgl. dazu ansonsten meine kritischen Bemerkungen im Thread zur Echo Klassik Gala) zusammen mit dem Pianisten Nikolai Tokarev.

    Aus aktuellem Anlaß beginne ich die Besprechung mit Tokarevs gerade erschienener Platte >French Music<. Sie hält eine Gavotte von Rameau, von den Debussy die 1. Arabeske sowie >Clair de lune< aus der Suite bergamasque, von Ravel die Pavane und Gaspard de la nuit sowie von Cesar Franck Präludium, Fuge und Variationen op. 18.

    Tokarev hat es offenbar geschafft, zumindestens ins Fernsehen! In den Heute-Nachrichten wurde er als aufgehender Stern gefeiert. Noch weiter ging da das Kulturmagazin Aspekte (oder war es >ttt< - ich weiß es nicht mehr genau!). Er verkörpere die ideale Synthese zwischen russischer und westlicher Schule, Expressivität und Rationalität. Das Turnschuhimage, das ihm die Plattenfirma andichten wolle, treffe nicht, er sei ein überaus seriöser Arbeiter (also kein zweiter Pogorelich!) - dem würde ich zustimmen! Dann verstiegen sie sich zu der Prognose: Er werde die musikalische Welt nachhaltiger prägen als ein Lang Lang! Ich muß sagen, dass bei den Ausschnitten, die ich gehört habe, bei mir der Funke nicht übersprang – ganz anders als im Film über Lisa Batiashvili. Also habe ich mir diese neue Platte besorgt, um zu einer fundierten Meinung zu kommen .

    Um es vorweg zu nehmen: Gemessen an dem Medienzirkus, der um ihn gemacht wird und den hohen Erwartungen, die da geweckt werden, halte ich den Trubel, der über ihn gemacht wird, für maßlos überzogen! :P

    Den Rameau spielt er klar und schnörkellos, das kann man sich gut anhören. Doch schon bei Debussy werden jedoch seine Grenzen deutlich sichtbar. Ein Kritiker schrieb einmal etwas boshaft über Jewgeni Kissin, das sei ein Pianist mit einem >Allerweltston<. Das finde ich Kissin gegenüber ungerecht - auch wenn er den Flügel natürlich nicht so zum Singen bringen kann wie ein Emil Gilels, ein ABM oder Vladimir Horowitz. Sinnlich-spätromantische Stücke wie z.B. die Paraphrase über Glinkas >Die Lerche< von Balakirev spielt Kissin einfach wunderbar farbig und emotional-spannend! Bei Tokarev geht mir nun genau diese Charakterisierung immer wieder durch den Kopf: der Starpianist mit >Allerweltston<. Frühen Debussy zu spielen, der noch erkennbar spätromantische Züge zeigt, verlangt einfach einen sinnlichen Klavierton. Und den hat Tokarev einfach nicht! Das wirkt alles ungemein spröde und anschlagsmäßig undifferenziert, gleichsam blutleer, >drahtig< gespielt. Von einem russischen Pianisten erwartet man eigentlich, dass er dieses gewisse Feuer mitbringt, eine gewisse Emphase. Nichts davon!

    Ich habe dann gewissermaßen die Probe aufs Exempel gemacht. Von der >alten Garde< ihm am ähnlichsten ist vielleicht Alexis Weissenberg. Weissenbarg ist bekannt für sein sehr architektonisches Denken, einen eher rational-kühlen Intepretationsstil, der damals in den 70igern natürlich sehr >modern< war. Ich habe mir also Tokarevs Aufnahme von >Clair de lune< noch einmal angehört und dann Weissenbergs Aufnahme (DGG) dazu im Vergleich. Man muß es leider sagen: Der alte Weissenberg erwiest sich hier dem aufstrebenden Jungstar von heute als turmhoch überlegen! Weissenberg hat erst einmal einen zu Debussy passenden Ton und er kann >Stimmung< erzeugen, wie es dem Titel des Stücks entspricht: >Clair de lune< - auf deutsch: >Mondschein<. Dazu phrasiert er ungemein prägnant und auch sehr spannend die musikalischen Bewegungen: das ist einfach trefflich gestaltet. Bei Tokarev dagegen hat man das Gefühl, dass sich da einer herumtastet, etwas zeigen will, ohne es so richtig zu können. Ebenfalls ein Totalausfall bei Tokarev ist die Pavane von Ravel. Die Melodie am Anfang einfach auszusingen, wie etwa Altmeister Ashkenazy das so vorzüglich kann, gelingt ihm schon nicht. Zudem werden die dynamischen Kontraste mangels Differenzierungsvermögen eingeebnet. Er versucht sich an manchen Details, etwas zutage zu fördern, doch das Gesamtkonzept ist einfach nicht stimmig, keine emotionale Dramaturgie: Trauer, Entrückung. Auch hier macht sich der fehlende >Ton< bemerkbar: er spielt entweder überhaupt kein Pianissimo, oder kein singendes! Gaspard de la nuit ist durchaus solide bewältigt und gestaltet (siehe meinen speziellen Thread!), aber mehr auch nicht! Der Franck ist wiederum hörbar - aber auch hier kann man nur das wiederholen, was zu Debussy und Ravel zu sagen ist: es fehlt am sinnlichen Ton!

    Fazit: Den Versuch, Tokarev mit Lang Lang zu vergleichen oder ihn gar über ihn zu stellen, halte ich für völlig verfehlt. Lang Lang hat zwar zweifellos noch viele Schwächen (z.B. bei Beethoven!), aber Chinesen haben die Tugend, ungemein lernfähig zu sein! Zudem hat er einige wirklich vorzügliche Aufnahmen gemacht, das 1. Chopin-Konzert z.B. und die Rachmaninow-Platte, die seine überragende Musikalität unter Beweis stellen. Meine persönliche Meinung ist: Was die >Belege< angeht - also die bisher greifbaren Aufnahmen auf CD und im Film - ist für mich Lang Lang das vielversprechendere Talent, Tokarev im Moment eher Sternschnuppe als Fixstern. Aber ich lasse mich gerne durch seine zukünftigen musikalischen Taten eines Besseren belehren!

    Fortsetzung erwünscht!

    Beste Grüße
    Holger

    Zuletzt geändert von Gast; 23.10.2008, 01:01.

    #2
    Tach,

    hier die Aufnahmen:

    Tokarev "French Album"



    Und ein Link zu Youtube: Tokarev spielt Liszt "La Campanella"

    http://www.youtube.com/watch?v=G4Aa_...eature=related

    Und die Aufnahme von Alexis Weissenberg bei der DGG:



    VG, zatopek

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      #3
      Hallo Zatopek,

      da kann ich nur wieder mal herzlich :F sagen! Die andere Platte habe ich mir nicht gekauft, ich erwarte da einfach nichts, was mich vom Stuhl reißen würde! :D

      Beste Grüße
      Holger

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        #4
        Boris Berezowsky, der jugendliche Virtuose

        Boris Berezowsky hat sich inzwischen einen Namen gemacht, er ist also kein Unbekannter. Ein geschätzter Pianist, dem man seine Qualitäten attestiert, aber der Durchbruch in die Riege der ganz Großen ist ihm doch bisher nicht vergönnt gewesen.

        Wie charakterisiert man einen Pianisten? Beginnen wir mit den Klavierkonzerten von Chopin. Er spielt munter und frisch drauflos wie ein junger Bursche vor der Pubertät, mit einer gewissen jugendlichen Naivität. Das ist Chopin ohne blendenden Schmelz, ohne jede Erotik, aber durchaus differenziert charakterisiert. Und das Tschaikowsky-Konzert, Pflichtstück für jeden Absolventen der russischen Schule? Technisch solide, klar. Aber auch ziemlich spröde und ohne wirklich eigenes interpetatorisches Konzept, so dass sich diese Aufnahme aus der großen Masse abheben würde. Er hat weder die Intelligenz von Gawrilow z.B., der hier eine ganz eigene Sicht der Dinge wagt, von der Verve einer Martha Argerich oder der Dämonie eines Horowitz ganz zu schweigen. Auch an die souveräne Abgeklärtheit und poetische Wärme eines Volodos kommt das nicht heran. Der wunderbare langsame Satz ist einfach dünn – ihm fehlt so etwas wie ein charakteristischer schöner Ton. Und bei den schnellen Passagen mangelt es ihm an der nötigen Explosivität!

        Und die Rachmaninow-Konzerte? Der 1. Satz des 4. Klavierkonzerts ist hörbar, er bemüht sich zu gestalten. Aber den großen Bogen, der sich über eine lange Strecke bis zum Höhepunkt aufbaut, den ABM so unnachahmlich nachzuzeichnen vermag, findet er nicht. Der Satz zerfällt in Episoden. Der langsame Satz versprüht keinerlei morbide Sinnlichkeit, ist einfach steril trocken und im Finale fehlt ihm doch die Brillianz, um hier ein virtuoses Feuerwerk zu entzünden. Der langsame Satz des 1. Konzerts ist dagegen sehr schön lyrisch gestaltet – er ist durchaus kein Nur-Virtuose, sondern ein überlegender Musiker. Seine Grenzen werden sichtbar im aberwitzig schweren 3. Konzert. Das ist alles doch etwas bieder gespielt.

        Sehr aufschlussreich ist auch die Platte mit den Godowsky-Paraphrasen von Chopin – ein Konzertmitschnitt. Es ist schon ein sinnvolles Konzept, die Original-Etüden mit den Paraphrasen im Wechsel vorzutragen. Doch verleitet dies Berezowsky dazu, den Godowsky wie einen Chopin zu spielen. Keine Spur von spätromantischer Aura, das alles ist sehr technisch nüchtern gespielt. Da lässt Jorge Bolet den Godowsky schon deutlich mehr atmen, so dass etwas wie selbstverliebtes Schwelgen im Klang zu ahnen ist. Aber leider hat der gute Bolet, der sonst das spätromantische Repertoire glänzend spielt, einen sehr gläsernen Bechstein-Flügel gewählt!

        Und wie bewältigt Berezowsky die Etüden? Da wird durchaus bewusst gestaltet. Die Etüde op. 10 Nr. 1 mit ihren Dezeminengriffen über die ganze Tastatur gelingt ihm – allerdings fehlt ihm dieser gewisse >Zug< von Pollini. Die Etüde op. 10 Nr. 2 verlangt, eine chromatische schnelle Bewegung in den letzten drei Fingern der rechten Hand zu spielen und dazu Akkorde zu greifen! Von Lazar Berman gibt es eine unglaubliche Aufnahme dieser Etüde – der ansonsten wegen eines traumatischen Jugenderlebnisses Chopin nie im Konzertsaal spielte. Berezowsky wählt ein deutlich zahmeres Tempo – ziemlich exakt das von Pollini oder Perahia . Was auffällt ist wiederum die fehlende klare Linie. Pollini spielt ungemein schnörkellos klar und konsequent, Berezowsky dagegen wechselt altmodisch die Tempi und zeigt auch durchaus technische Schwächen. Das erinnert an Alfred Cortot, der jedoch dieses Konzept wirklich konsequent zuende führt und eine dynamische Wellenbewegung hörbar macht. Das Problem bei Berezowsky ist, dass er jede Etüde als Einzelstück behandelt, aber kein Gesamtkonzept erkennen lässt. So gestaltet er die Etüde op. 10 Nr. 4 eigentlich sehr sorgfältig durch. Statt dann in der Schwarze-Tasten-Etüde auf dieselbe Weise fortzufahren, gerät die zu einer Fingergeläufigkeitsetüde im eindeutig überdrehten Tempo.

        Das Khatschaturian-Konzert – eine Mischung aus Bartok und Prokofieff – hat mir gefallen. Aber auch hier ist sein Ton in den motorischen Passagen sehr trocken-technisch und in den lyrischen nicht intensiv genug. Er ist eben doch kein zweiter Ashkenazy. Berezowsky ist sicher ein sehr guter und auch seriöser Pianist – Showeffekte gibt es nicht. Aber was ihm meiner Meinung nach fehlt, ist so etwas wie Persönlichkeit, die ihn aus dem Grau der heute wirklich sehr guten internationalen Pianistenklasse als eine einsame Lichtgestalt herausheben würde.

        Beste Grüße
        Holger

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          #5
          Hallo Holger, ich finde diesen Thread sehr begrüßenswert. Wir sollten und mehr mit den "Lebenden" befassen und nicht immer nur die alten "Titanen " bewundern. Gerade bei Pianisten gibt es da durchaus beeindruckende Talente( Ich hatte auch schon einige Hinweise gegeben--zB Melnikov)

          Beresowsky habe ich vor kurzen im Konzert mit Ravels Konzert für die li Hand gehört.Ein äußerst lässiger Auftritt, er kam rein als wäre er gerade vom Barhocker aufgestanden und es hätte gepasst , wenn er in der re "freien" Hand noch eine Zigarette gehalten hätte. Sein Spiel war dann aber von berückender Sensibilität und in der Zugabe( die Hälfte des Konzerts wurde wiederholt) war die Synthese mit dem Orchester( unter Marek Janowski) noch gelungener.
          Ein sehr guter Pianist und fern aller Allüren.


          Gruß Friedrich

          Kommentar


            #6
            Hallo Friedrich,

            Zitat von fkjazz Beitrag anzeigen
            Beresowsky habe ich vor kurzen im Konzert mit Ravels Konzert für die li Hand gehört.Ein äußerst lässiger Auftritt, er kam rein als wäre er gerade vom Barhocker aufgestanden und es hätte gepasst , wenn er in der re "freien" Hand noch eine Zigarette gehalten hätte. Sein Spiel war dann aber von berückender Sensibilität und in der Zugabe( die Hälfte des Konzerts wurde wiederholt) war die Synthese mit dem Orchester( unter Marek Janowski) noch gelungener. Ein sehr guter Pianist und fern aller Allüren.


            Hast du vielleicht die Dokumentation auf arte gesehen ? Kam vor einigen Wochen und bestätigte deine Einschätzung voll und ganz. Ein durch und durch sympathischer Mensch, bescheiden und bodenständig mit einer Leidenschaft für das Glücksspiel. Er saß beim Spiel der Godowsky-Bearbeitung der Chopin Etude Op.10 Nr.12 für die linke Hand konzentriert aber mit einer bemerkenswerten Lässigkeit da und spielte sie so locker und entspannt, als sei das gar nichts. Vielleicht fehlt ihm aber manchmal jenseits der technischen Brillianz doch noch die emotionale Tiefe, da würde ich Holger zustimmen.

            VG, zatopek

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              #7
              Zitat von fkjazz Beitrag anzeigen
              Hallo Holger, ich finde diesen Thread sehr begrüßenswert. Wir sollten und mehr mit den "Lebenden" befassen und nicht immer nur die alten "Titanen " bewundern. Gerade bei Pianisten gibt es da durchaus beeindruckende Talente( Ich hatte auch schon einige Hinweise gegeben--zB Melnikov)
              Hallo Friedrich,

              die Titanen brauchen wir, einfach, damit wir die richtigen Maßstäbe behalten. Unsere verrückte Medienwelt neigt dazu, alles zur Sensation hochzustilisieren um dann durch Vermarktung abzukassieren. Um dem nicht aufzusitzen, brauchen wir also den seriösen Vergleich! Den Melnikov könntest Du ja vielleicht selbst mal vorstellen - so ist dieser Thread gedacht (ein bischen Biographie wäre auch nicht schlecht!)

              Über die Gleichgültigkeit, was die Förderung junger Musiker angeht, schreibt Lazar Berman, der selber bittere Erfahrungen gemacht hat, was es heißt, ignoriert zu werden. Er bekam Ärger mit dem Regime in der UDSSR und durfte nicht mehr ausreisen, mußte Verpflichtungen (darunter eine Einladung des damaligen Präsidenten Jimmy Carter) absagen. Als er in den 90igern wieder in den Westen reisen konnte, war er für die etablierten Herren Dirigenten nicht mehr existent und bekam keine Einladungen mehr. Er bringt das Beispiel Zubin Mehta (der ihn einfach ignorierte) und schließt daran die Problematik der Förderung der Jugend an:

              "Gleichgültigkeit! Gleichgültigkeit einem Kollegen gegenüber, Gleichgültigkeit darüber, was ihm künstlerisch und menschlich widerfahren ist, Gleichgültigkeit gegenüber allem, außer der eigenen Karriere. Die "großen" Dirigenten interessierten sich einfach nicht mehr für mich, selbst wenn ich nach Meinung vieler besser als vorher spielte. (...)

              Aber noch etwas anderes ist schlimm. Die völlige Gleichgültigkeit jungen Musikern gegenüber. Heute hat ein talentierter junger Musiker fast keine Chance mehr, sich seinen Weg in der Musikwelt zu bahnen, wenn er nicht die gehörige finanzielle Unterstützung erhält oder von einer bekannten Persönlichkeit gefördert wird. Ist es ein Dirigent, der mit ihm spielt oder ihn bei seinem Studium unterstützt, dann umso besser. Solche Fälle gibt es. (Anm.: Beispiel Lang Lang und sein Protege Christoph Eschenbach!) Ich selbst habe in vieler Hinsicht von meiner Aufnahme mit Herbert von Karajan profitieren können, doch heute ist die Welt noch gnadenloser geworden, und mit großem Bedauern muß ich feststellen, daß es in Zukunft auch nicht besser werden wird. So etwas wie Verantwortungsbewußtsein für die junge Generation und die Zukunft unseres Berufs gibt es in der Welt der Musik nicht mehr."

              (aus: Lazar Berman: Schwarz und Weiß. Erinnerungen eines Pianisten zwischen Ost und West, Staccato-Verlag, Düsseldorf 2003, S. 138-139)

              Berman erzählt in seinen Erinnerungen übrigens über das Fördersystem der alten Sowjetunion, das in vieler Hinsicht vorbildlich war und die jungen Talente eben nicht der Willkür und den Zufällen des kommerziellen Musikmarktes aussetzte, wie bei uns im Westen!

              Beste Grüße
              Holger
              Zuletzt geändert von Gast; 30.10.2008, 16:27.

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                #8
                Hier gehörte eigentlich eine ausfürhliche Besprechung des bolivianischen Jugendorchesters unter Gustavo Dudamel hin! Das ist ein einmaliges soziales Engement, mittellose Straßenkinder durch die Musik von der Straße wegzuholen und ihnen einen Lebenssinn zu geben. Und es funktioniert im großen Stil - selbst bei einem so bitterarmen Land! Die musikalische Qualität ist jedenfalls beeindruckend, zuletzt zu hören auf arte, wo Dudamel mit diesem Orchester u.a. Ravels Daphins et Chloe-Suite äußerst farbenprächtig und leidenschaftlich dirigierte!

                Beste Grüße
                Holger

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                  #9
                  Alexander Melnikov

                  Zitat von fkjazz Beitrag anzeigen
                  Gerade bei Pianisten gibt es da durchaus beeindruckende Talente( Ich hatte auch schon einige Hinweise gegeben--zB Melnikov)
                  Bei meinem letzten Fischzug bei 2001 habe ich die Scriabin-Platte Melnikov (Harmonia Mundi) erstanden und muß sagen: ich bin sehr engetan. Ein äußerst sensibler Pianist, der weiß, wie man einen Flügel zum Klingen bringt, Sinn für Atmen und Pausen hat. Besonders die kleinen Stücke von Scriabin gelingen sehr eindrucksvoll, sind sehr subtil ausgehört. Eine sehr schöne 2. Sonate, eine 3. Sonate mit Licht und Schatten. Der Anfang ist mir ein bischen zu forsch-forciert, der Kontrast mit dem Seitenthema (>Cantabile<) etwas nivelliert, das ist einfach zu unruhig. Das Scherzo ist wunderbar rhythmisch und zugleich leicht gespielt. (Das ist wahrlich sehr schwer hinzubekommen! Respekt!) Warum er sich dagegen so überhastet in diesen wunderschjönen, ruhevollen langsamen Satz stürzen muß, erschließt sich mir nicht. Im turbulenten Finale finde ich seinen Vortrag ein bischen zu pauschal. Das Problem ist hier, daß man diese mehrfach anwogende Wellenbewegung hörbar machen muß und nicht einfach pauschal laut und schnell diese Bewegungen nivelliert. Die Fantasie op. 28 ist sehr überzeugend, ein gelungenes interpretatorisches Konzept: dynamische Bögen, schon in den ersten Takten erkennbar, ein dynamisches Crescendo von Piano bis Forte. Gegenüber Lazar Bermans vorbildlicher Einspielung ist er sogar noch etwas sinnlicher (Bermans Flügel ist trockener), dafür phrasiert Berman genauer. Auch die 9. Sonate ist eine hörenswerte Version, er bemüht sich sehr, die von Scriabin notierten Abstufungen p bis ppp sehr genau wiederzugeben. Auch hier fehlen vielleicht manchmal etwas die Sonaten typischen Themenkontraste. Den Klappentext hat er selbst geschrieben - sehr lesenswert. Sein großes Vorbild ist Sofronitzky!

                  Beste Grüße
                  Holger
                  Zuletzt geändert von Gast; 19.11.2008, 23:14.

                  Kommentar


                    #10
                    [QUOTE=Dr. Holger Kaletha;135121]Sein großes Vorbild ist Sofronitzky!
                    /QUOTE]

                    und ein guter Freund von ihm ist Lubimov, den ich auch sehr schätze.
                    .
                    Freut mich,daß du ihn jetzt mal gehört hast.
                    Ich muß mir die Sciabin Aufnahmen nochmal gegen Igor Shukovs Einspielungen , die ich auf Vinyl habe, vergleichend anhören. Letzterer gilt ja bei Scriabin als wegweisend !?

                    Besten Gruß Friedrich

                    Kommentar


                      #11
                      Zitat von fkjazz Beitrag anzeigen
                      Ich muß mir die Sciabin Aufnahmen nochmal gegen Igor Shukovs Einspielungen , die ich auf Vinyl habe, vergleichend anhören. Letzterer gilt ja bei Scriabin als wegweisend !?
                      Hallo Friedrich,

                      die LP-Cassette mit Shukovs Aufnahme der Sonaten habe ich auch noch im Schrank, obwohl ich ja gar keinen Plattendreher mehr besitze! Er hat noch eine spätere Aufnahme gemacht, die auf CD erhältlich ist. Shukovs Aufnahme ist schon eine der besten, aber eindeutig die Nr. 1 in Sachen Klaviersonaten von Scriabin ist bei mir nach wie vor Vladimir Ashkenazy. Seine Einspielung der 2. Sonate ist einfach ideal, in der 3. Sonate spielt keiner den langsamen Satz mit einer solchen getragenen Ruhe und Schönheit aus (auch Gilels nicht!). Ansonsten von der 3. Sonate sehr empfehlenswert Emil Gilels, Horowitz und auch Kissin. Von der 9. Sonate gibt es einen wirklich herausragenden Konzertmitschnitt von Grigory Sokolov, daneben natürlich unbedingt hörenswert Horowitz und S. Richter. Sofronitzky muß man immer zu Rate ziehen in Sachen Scriabin!

                      Leider nicht mehr erhältlich: Die Gesamteinspielung des gesamten Klavierwerks von Scriabin mit Maria Lettberg bei Capriccio (war für nur 20 Euro zu haben!) - eine sehr junge Pianistin, geboren in Riga, lebt in Berlin. Ich habe sie im September hier in Bielefeld im Konzert gehört! Sie hat promoviert über Scriabin, eine Arbeit geschrieben über die Interpretationsgeschichte seines Klavierwerks. Das ist Scriabin auf einem wirklich sehr hohen Niveau - absolut authentisch! Die Box soll wieder herauskommen - dann aber wohl nicht mehr so billig! Die 9. Sonate hat sie hier im Konzert gespielt - die Dämonie hat sie getroffen!

                      Beste Grüße
                      Holger

                      Kommentar


                        #12
                        Hallo Holger,

                        Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                        Leider nicht mehr erhältlich: Die Gesamteinspielung des gesamten Klavierwerks von Scriabin mit Maria Lettberg bei Capriccio (war für nur 20 Euro zu haben!) - eine sehr junge Pianistin, geboren in Riga, lebt in Berlin. Ich habe sie im September hier in Bielefeld im Konzert gehört! Sie hat promoviert über Scriabin, eine Arbeit geschrieben über die Interpretationsgeschichte seines Klavierwerks. Das ist Scriabin auf einem wirklich sehr hohen Niveau - absolut authentisch! Die Box soll wieder herauskommen - dann aber wohl nicht mehr so billig! Die 9. Sonate hat sie hier im Konzert gespielt - die Dämonie hat sie getroffen!
                        Du meinst die hier:



                        Bei jpc kann man sie noch bestellen für ca. 32 EUR; ob man sie aber auch bekommt, ist eher fraglich, Lieferzeit 3 - 4 Wochen.

                        VG, zatopek

                        Kommentar


                          #13
                          Zitat von zatopek Beitrag anzeigen
                          Bei jpc kann man sie noch bestellen für ca. 32 EUR; ob man sie aber auch bekommt, ist eher fraglich, Lieferzeit 3 - 4 Wochen.
                          Hallo Zatopek,

                          wenn sie wieder zu bestellen ist, dann ist offenbar die Neuauflage raus, zwischenzeitlich war sie nämlich aus dem Katalog verschwunden!

                          Die Box ist unbedingt empfehlenswert, enthält zudem eine DVD als Bonus, wo Lettberg über Scriabin spricht inklusive einer an den >Prometheus< angelegten Videokomposition mit Farbbildern zu den einzelnen Sonaten.

                          Beste Grüße
                          Holger

                          Kommentar


                            #14
                            Hallo Holger,

                            Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                            Die Box ist unbedingt empfehlenswert, enthält zudem eine DVD als Bonus, wo Lettberg über Scriabin spricht inklusive einer an den >Prometheus< angelegten Videokomposition mit Farbbildern zu den einzelnen Sonaten.
                            Meine Frau erschlägt mich ! Aber ich habe sie bestellt (die Box, nicht meine Frau).

                            VG, zatopek

                            Kommentar


                              #15
                              Zitat von zatopek Beitrag anzeigen
                              Meine Frau erschlägt mich ! Aber ich habe sie bestellt (die Box, nicht meine Frau).
                              Ich hoffe Du überlebst es mit ein wenig musikalischer Schmeichelei - vielleicht Scriabins Mazurken ...

                              Beste Grüße
                              Holger

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