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Wer hat Angst vor neuer Musik?

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    Zitat von UweM Beitrag anzeigen
    Und was noch besser ist: Es wird so gut wie unmöglich sein, meine Aussage zu widerlegen,
    Im Bereich der Musik ist das jedenfalls jederzeit möglich.
    Und hier soll doch in erster Linie von Musik die Rede sein, oder?

    Gruß,
    Markus

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      Hallo Kraut,

      ich streite keinem das recht ab moderne kunst zu moegen oder nicht moegen, Ich streite jedoch jedem das recht ab ein "wert urteil" zu faellen wenn er sich nicht mit dieser kunst befasst hat oder nicht befassen will, ein urteil sich beruft auf den "gesunden menschenverstand".
      Könnten wir uns dann wenigstens darauf verständigen, dass man dann umgekehrt auch kein Werturteil über diejenigen abgibt, die keinen Sinn in drartigem erkennen?
      Momentan sieht mir das nach humanistischer Eisnbahnstraße aus:

      "Wir hier oben wissen, was Bildung ist und wer zu faul ist sich mit Zwölftonmusik zu befassen, wird nie unsere lichten Höhen erreichen"
      Ich finde das abschreckend.

      Ich erinnere mich an ein konzert ende siebzig mit serieller musik von steve reich, wo ein solch arroganter rotzloeffel, dem es wohl zu langweilig wurde, auf die buehne sprang und steve in die tasten griff. Man haette diesem rotzloeffel mal feste in die eier greifen sollen (nicht seines ausdrucks des missfallens wegen, sondern weil er sich das recht anmasste mit seinem urteil andern den mehr oder weniger genuss zu zerstoeren) - aber dafuer war das publikum zu hoeflich
      Ich verstehe den Mann auch nicht, er hätte nach Hause gehen können. Das war in der Tat unhöflich. Was ich aber ganau so irritierend finde, ist dein Wunsch, darauf mit körperlicher Gewalt zu reagieren. Das passt nun ganz und gar nicht zu dem humanistischen Bild, welches zu hier von dir zu erzeugen versuchst.

      Denk bitte dran wie schnell man im deutschen raum mit dem urteil "entarteter kunst" zur hand war - wenn das nicht ein beispiel politisch opportunen "gesunden menschenverstandes ist - dann habe ich vermutlich von deutscher geschichte absolut keine ahnung.
      Ja, ein schreckliches Beispiel, aber geht die von mir bemängelte einseitige Einstufung, was Bildung sei und was nicht, denn nicht in die gleich Richtung, wenn auch bisher mit nur harmlosen Konsequenzen?

      Ich kann mit vielen bildenden kuenstlern nichts anfangen (beuys? ein beispiel) aber ich gestatte mir kein urteil darueber - Ich schaue es mir an, es sagt mir nichts - schluss.
      Da lächle ich drüber und gehe weiter.

      Es gibt unbestreitbar eine arroganz - hier in CA als redneck arrogance bezeichnet - die sich ein urteil ueber alles im stolzen bewusstsein des absoluten nichtwissens ueber die materie erlaubt.
      da bin ich deiner Meinung. Diese Arroganz gibt as aber auch von Seiten derer, die sich für gebildet halten und kurzerhand ihre eigenen Bildungslücken als "Nicht-Bildung" definieren.

      Grüße,

      Uwe
      Zuletzt geändert von UweM; 22.03.2008, 13:13.

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        Ich erinnere mich an ein konzert ende siebzig mit serieller musik von steve reich, wo ein solch arroganter rotzloeffel, dem es wohl zu langweilig wurde, auf die buehne sprang und steve in die tasten griff. Man haette diesem rotzloeffel mal feste in die eier greifen sollen (nicht seines ausdrucks des missfallens wegen, sondern weil er sich das recht anmasste mit seinem urteil andern den mehr oder weniger genuss zu zerstoeren) - aber dafuer war das publikum zu hoeflich
        Nur mal so eine Anekdote: Vor drei Jahren ca. war ich im Sommerkino 'Casino' anschauen. Der Film war ausverkauft, also sicher so 200 Leute dort. 20 Minuten vor Schluss (und der Film dauert ja recht lange) steht einer auf, dreht sich um und plärrt ins Publikum: "SO EINEN GEWALTVERHERRLICHENDEN SCHEISS SCHAU ICH MIR NICHT LÄNGER AN. ICH WÜNSCHE NOCH VIEL VERGNÜGNEN" und geht. Das Publikum hat seinen Abgang mit Lachen und lautem Klatschen begleitet... Köstlich!




        lg wolfgang

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          Ich war vor etwa 10 Jahren in der Uraufführung von Dieter Schnebels Ek-Stasis in Köln.
          In dem Stück hat er solche Zwischenrufe in die Komposition integriert. Das war sehr witzig. Es stand also jemand im Publikum (der wirklich nicht als Mitwirkender zu erkennen war) auf und sagte bzw. rief irgendwas. Neben ihm saß ein Zuschauer und beschwerte sich darüber, er solle sich doch hinsetzen und den Mund halten. Darauf flüsterte ihm seine Frau zu: Psst, das gehört bestimmt zum Stück.

          Solche Grenzüberschreitungen finde ich spannend. Gab's z.B. auch in der Oper Votre Faust von Pousseur, die vor einigen Jahren noch mal in Bonn aufgeführt wurde. Da kann das Publikum sogar durch Abstimmung mit Karten in den Handlungsverlauf eingreifen.

          Gruß,
          Markus

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            Ich war vor kurzem im Theater und hab mir "The Cocka Hola Company" angeschaut. In dem Stück gehts oberflächlich gesagt um eine Familie die vom Pornodrehen lebt. In einer Szene wird ein Bett auf die Bühne geschoben und dann geht ein männlicher Schauspieler durch die Zuschauer und versucht eine Frau dazu zu überreden mit ihm ins Bett zu steigen. Jetzt rechnet man als Theatermacher eher damit dass niemals jemand sich traut, aber in einer Vorstellung hat sich eine Zuschauerin doch tatsächlich bereiterklärt :J Plötzlich hat der Schauspieler nicht mehr so ganz gewusst was er jetzt mit ihr tun soll :D


            Tschuldigung fürs :R




            lg wolfgang

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              Zitat von Markus Berzborn Beitrag anzeigen
              Du meinst also Leute, die heute noch leben und komponieren, egal ob sie 30 oder 80 Jahre alt sind.
              Habe ich das jetzt richtig verstanden?
              Genau :N

              P.S.: Hab danach die Liste entdeckt. Vielen Dank.
              Zuletzt geändert von Micha L; 22.03.2008, 14:29.

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                Hallo Markus,

                Zitat von Markus Berzborn Beitrag anzeigen
                Mit anderen Worten - woher willst Du wissen, dass der nicht beim Liederabend einen Anzug trägt und dann zwei Tage später im Motörhead-T-Shirt beim Rockkonzert steht?
                Stimmt, das kann ich nicht wissen. Aber ich würde einen solchen Hörer doch eher als Ausnahme ansehen. Vielleicht pflege ich auch nur meine Vorurteile, aber ich bin nach wie vor der Ansicht - und etwas anderes wollte ich gar nicht behaupten - das Musikkonsum in verschiedenen Formen immer auch ein soziales Phänomen ist. Dazu gehört ein bestimmter gesellschaftlicher Rahmen, bestimmte Konventionen die identitätsstiftend wirken und gleichzeitig andere auschliessen sollen, andere, die eben von ihrem Status und Habitus nicht dazugehören sollen. Was ich meinte ist, dass sie - entgegen der hier manchmal vorgerbrachten Meinung - eben nicht auf die "Neue Musik" oder weiterführend "Klassik" insgesamt beschränkt ist, sondern auch andere Subkulturen betrifft, die sich durch ihre Riten und Sprachen abgrenzen wollen. das es solche "Grenzüberschreiter" gibt, die sich in verschiedenen Milieus wohl fühlen und akzeptiert werden, will ich gar nicht in Abrede stellen, aber - nochmals - meiner Ansicht nach sind sie nicht der Normafall, sondern eine Ausnahme.

                Gruß

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                  Ich glaube, dass Du da Recht hast.
                  Allerdings sind solche Leute für meine Begriffe auch keine Musikliebhaber.
                  Da steht eher Gruppenidentifikation im Vordergrund.
                  Sowas konnte ich noch nie ausstehen, aber es hat wohl seine Berechtigung, da es ja anscheinend manchen Menschen hilft, sich zu einer bestimmten Gruppe zugehörig zu fühlen.

                  Gruß,
                  Markus

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                    Nun dazu:

                    Zitat von Markus Berzborn Beitrag anzeigen
                    Nein, eben nicht. Es liegt ja, wie gesagt, alles offen.
                    Cage sagt nur, dass er persönlich das geheimnisvolle Element im Wake interessanter findet.
                    Du kannst es auch so sehen, dass Du mit den rationalen Erklärungen nicht unbedingt zum Wesen vorstößt.
                    Vielleicht reden wir aneinander vorbei oder ich habe mich missverständlich ausgedrückt. Ich wollte nie bestreiten, dass es plasible vernünftige Gründe für die Formsprache der seg. "Neuen Musik" gibt oder dass sie tatsächlich geheimnisvoll ist und darin eine Analogie zu so bewußt und gewollt verworrenen Werken wie "Finnegans Wake" (meine Ausgabe ist übrigens die mit der "Übersetzung" von Dieter H. Stündels Finnegans Wehg. Kainnäh ÜbelSätzZung des Wehrkess fun Schämes Scheuss) besteht. Was ich meinte ist, dass solche Werke, egal ob der bildenden Kunst - ich denke an gewisse Werke von Joseph Beuys - der Musik oder der Literatur (kann man beliebig auf Film, Theater etc. erweitern) auf Uneingeweihte den Eindruck des Geheimnisvollen machen, weil diese die zu Grunde liegende Formsprache nicht kennen. Und ich kann mich eben nicht des Eindrucks erwehren (das geht jetzt schon fast wieder in den Bereich der Polemik), dass das auch von manchem Künstler so gewollt ist. Kann man es einem Hörer, der keine musiktheoretische Ausbildung hat verdenken, wenn er bei der Musik eines John Cage oder Karl-Heinz Stockhausen (nur mal als Beispiel; bitte: ich habe nichts gegen die beiden Komponisten und will auch nichts gegen sie sagen) erst einmal die Stirne runzelt und die Frage stellt "Was soll das ?". Ich behaupte, dass derselbe Hörer beim Anhören eines Stückes von Bach, beethoven, Mozart (bei Mahler wäre ich mir da schon nicht mehr ganz so sicher) meint, er habe dieses Stück verstanden und könne es genießen. Ob er es tatsächlich verstanden hat in dem Sinne, dass er erkannt hat, wie die Stücke z.B. thematisch aufgebaut sind ist wieder eine ganz andere Frage.

                    Zitat von Markus Berzborn Beitrag anzeigen
                    Aber wie notwendig diese Fakten und Erklärungen sind, siehst Du an diesem Thread hier: Leute, die nicht die geringste Ahnung haben, werfen bestimmten Komponisten Scharlatanarie vor, ohne die für jeden verfügbaren Quellen zu studieren. Das ist einfach unseriöses Kindergartenniveau.
                    1. Die Quellen sind nicht für jedermann verfügbar. Denn selbst wenn ich weiss, wo etwas über diese Form der Musik steht, heißt es noch lange nicht, dass ich auch ohne eine entsprechende Vorbildung in der Lage bin, diese Quellen zu verstehen. Ich persönlich würde bereits einfach an der Fachsprache scheitern. Ich, als Jurist, kann auch nicht verlangen, dass ein Laie mal eben in einem juristischen Kommentar ein bestimmtes Rechtsproblem nachschlägt. Natürlich kann er einen Kommentar zum Einkommensteuerecht in jeder einigermaßen gut sortierten Bücherei einsehen. Aber ob er das auch versteht, da habe ich meine Zweifel. So ist es beim Verständnis dieser Musik auch: kann ein Komponist tatsächlich erwarten, dass ein Zuhörer sich zunächst in die Musikgeschichte der vergangenen Hundert Jahre einliest, um ein Stück adäquat verstehen zu können ?

                    2. Was das Niveau angeht: es ist nun mal das Kennzeichen eine offenen Forums, dass jedermann darin seine Meinung kundtun kann und auch darf. Dass man dabei Gefahr läuft, seine eigene Unkenntnis zu offenbaren und sich möglicherweise gehörig zu blamieren gehört nun mal dazu. Auch, dass einem diese Unkenntnis mehr oder weniger deutlich vor Augen geführt wird.
                    Andererseits zwingt dich ja niemand, auf solche Beiträge die unter deinem Niveau sind zu antworten. Ich muss sagen, ich finde es da schon beeindruckend, wie Holger sich die Zeit nimmt und in aller Gelassenheit auch auf weniger schlaue Einwürfe lehrreich - aber nicht belehrend - reagiert.

                    Gruß

                    Kommentar


                      Hallo Holger,

                      Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                      besten Dank für Deine engagierte Antwort!
                      Nein, ich habe zu danken für deine überaus informative und geduldige Antwort ! Nun aber genug gesülzt:

                      Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                      (1) Schönberg und besonders Webrn haben immer den Anspruch vertreten, daß Musik einfach, klar und eindeutig verständlich sein muß! Der Grundbegriff, den sie immer wieder benutzt haben, um das auszudrücken, ist die unbedingte Forderung der >Faßlichkeit<!
                      Ich stelle auch gar nicht in Abrede, dass sie sich deutlich ausdrücken wollten. Ich frage mich nur: ist ihnen das auch immer gelungen ? Manchmal habe ich da so meine Zweifel und ich fürchte, ich bin damit nicht allein. Daher rührt doch ein Großteil der Reserve gegenüber der "Neuen Musik". Sie kommt einem unbefangenen Höhrer unfaßlich oder schwer verständlich vor. Für Schönberg, Webern und Mahler müßte das eigentlich tragisch sein.


                      Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                      (2) Dann mußt Du mal zeitgenössische Kritiken von Werken Beethovens, Schuberts, Schumanns usw. lesen, die uns heute so eingängig vorkommen, wo diese Musik genauso als unverständlich und willkürlich beschrieben worden ist! Alles, was neu und ungewohnt ist, erleidet dieses Schicksal, erst einmal so qualifiziert zu werden!


                      Das heißt: es gibt noch Hoffnung für die "Neue Musik" !?

                      Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                      (4) Ich springe jetzt auf 4: Um die Aphorismen von Schönberg oder Webern zu verstehen, braucht man kein Wissen. Das sind (meist) auch keine Reihenkompositionen. Sie entstammen der >expressionistischen< Phase, sind intuitiv verständliche Ausdrucksmusik. Die hat freilich eine komplexe Struktur, auf die man sich konzentrieren muß. Aber da die Stücke keine >Form< haben im Sinne irgendeiner Gattung (Rondo, Sonate usw.) braucht man da auch kein (Vor-)Wissen! Auch hat Schönberg rein sinnliche Musik geschrieben. In einem seine Aphorismen verwirklicht er eine reine >Klangfarbenmelodie<.
                      Hattest du nicht an anderer Stelle darauf aufmerksam gemacht, dass das Verständnis einer solchen, den gängigen Hörerfahrungen widerstrebenden Musik gleichzusetzen ist mit dem Erlernen einer fremden Sprache ? Das bedeutet doch aber, dass man zumindest die "Vokabel" kennen muss, um sie verstehen zu können. Ist das tatsächlich "intuitiv" möglich ? Ein Musiker, womöglich ein Berufsmusiker wird ein solches intuitives Verständnis auf Grund seiner langjährigen Erfahrung haben, selbst wenn er das Stück noch ie vorher gehört hat und auch nicht weiss, von welchem Komponisten es ist. Vielleicht ist "Wissen" daher der falsche Ausdruck; ich meinte eher "Erfahrung".

                      Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                      (5) Die gefühls- und empfindungsbetonte Auffassung von Musik, die Du für Dich reklamierst, hat es ja gegeben: der Sensualismus des 18. Jahrhunderts. Prominent dokumentiert bei niemandem anderen als dem großen Kant! Für Kant ist die Musik nichts als eine ganz und gar unintellektuelle, formlose Folge einzelner Empfindungen (besteht aus >transitorischen<, vorübergehenden Eindrücken (Kant)) und entsprechend wird die Musik gegenüber den anderen Künsten als eine minderwertige Kunst angesehen, die eben bloß mit Empfindungen spielt.
                      In metaphysischer und erkenntnistheoretischer Hinsicht finde ich hat Kant unsterbliches geleistet. Eigentlich habe ich um seine Ästhetik immer einen großen Bogen geschlagen, weil ich fand, dass er da zu seiner ein Kind seiner Zeit und seines Zeitgeschmackes war. Anscheinend ist aber von der Lektüre der KdU doch mehr hängengeblieben, als ich gedact hätte. Aber, ich habe die enstprechende Stelle noch mal nachgeschlagen, als "minderwertig" hat er die Musik nicht bezeichnet. Der imo entscheidende Satz lautet ja :" Wenn man dagegen den Wert der schönen Künste nach der Kultur schätzt, die sie dem Gemüt verschaffen, und die Erweiterung der Vermögen, welche die Urteilskraft zum Erkenntnisse zusammen kommen müssen, zum Maßstabe nimmt: so hat die Musik unter den schönen Künsten sofern den untersten (so wie unter denen, die zugleich nach ihrer Annehmlichkeit geschätzt werden, vielleicht den obersten) Platz, weil sie bloß mit Empfindungen spielt." (Kant, Kritik der Urteilskraft, §53). Ich verstehe die Stelle so, dass Kant, der alter Aufklärer und Pädagoge, an dieser Stelle den Künsten eine Rangfolge gibt, inwieweit sie die Entwicklung des Menschen befördern. Und da steht für ihn die Musik eben nicht an erster Stelle, weil sie nicht belehrend wirkt, sondern nur die Empfindung - vielleicht würde man heute sagen, das Unbewußte - anspricht.

                      Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                      Diese Auffassung scheitert natürlich schon bei Beethoven und Mozart: Man kann ja ein musikalisches Thema als solches durch seinen Ausdrucksgehalt erfassen. Dazu kommt aber die >grammatische< Funktion, die es für das Ganze hat: Ob es als Haupt- oder Seitenthema oder als Überleitung fungiert. Wenn diese Sinnebene nicht zur Empfindung hinzukommt, dann gibt es keine Erfassung einer Sukzession, einer >Form<, die Anfang und Ende hat, sondern eine bloß willkürliche Aneinanderrreihung von einzelnen Eindrücken ohne Zusammenhang!
                      Und trotzdem kann auch derjenige, der nicht diesen Sinngehalt erfassen kann, diese Musik von Mozart oder Beethoven als "schön" empfinden. Und mal ehrlich: wenn ich mir in manchen Konzerten die Gespräche der Besucher anhöre habe ich den Eindruck, dass es den meisten ziemlich egal ist, ob sie diese Sinnebene erfasst haben oder nicht. Gleichwohl würden sie sagen, dass sie die bloß willkürliche Aneinanderrreihung von einzelnen Eindrücken ohne Zusammenhang genossen haben.

                      Aber bitte versteh mich nicht falsch: ich will dieses naive Kunstverständnis nicht verteidigen. Ich finde halt nur, dass 1. es - solange nicht jeder Zuhörer zu den originären Sinnschichten durchgedrungen ist - seine Berechtigung hat, und 2. man der "Neuen Musik" wenn ma ihr überhaupt kritisch gegenüberstehen will, vorwerfen könnte, dass sie ein solches Kunstverständnis erst gar nicht zuläßt.

                      Viele Grüße

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                        Hallo Leute,

                        heute habe mir mit Hilfe von Markus Liste einen Eindruck verschafft.
                        Konkret hörte ich CDs von Heinz Hölliger, Karl Höller und Christian Wolff.
                        Dabei vernahm ich nichts für mich Unerhörtes. Die Musik schien mir längst vertraut, z. B. von Film-Soundtracks oder musikalischer Begleitung von TV-Beiträgen. Eine Sequenz von Hölliger erinnerte mich spontan an ein Stück des Mahavishnu-Orchestra („Pegasus“ auf dem Album Visions of the Emarald Beyond). Wobei mir natürlich klar ist, daß McLaughlin sich bei dieser Art von Musik "bedient" hat.
                        Formell gesehen tönten „sauber“ gespielt, ganz herkömmliche europäische Instrumente.
                        Diese Art von neuer Musik ist zumindest klang-/soundmäßig konservativ.

                        Offenbar zählt man auch Eleni Karaindrou zur Neuen Musik. Jedenfalls fand ich sie im selben Regal.
                        Was habe ich außerdem in meiner Sammlung?
                        Henji Bunch, Eric Ewazen (gespielt vom Ahn-Trio http://www.ahntrio.com/v2/ ), Etienne Schwarcz und ganz speziell Tôn-Thât Tiêt (von ihm ist der Soundtrack zu den vietnamesischen Film „Der Duft der grünen Papaya“ http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Duf...3%BCnen_Papaya ).

                        Gruß

                        Micha
                        Zuletzt geändert von Micha L; 22.03.2008, 18:25.

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                          Zitat von Micha L Beitrag anzeigen
                          Dabei vernahm ich nichts für mich Unerhörtes. Die Musik schien mir
                          längst vertraut,

                          [...]

                          Diese Art von neuer Musik ist zumindest klang-/soundmäßig konservativ.
                          Und findest Du das jetzt eher gut oder schlecht?
                          Falls letzteres, musst Du Dich halt eher im elektronischen Bereich der Neuen Musik umschauen.

                          Gruß,
                          Markus

                          P.S.: Sehe gerade - Karl Höller. Den würde ich nicht zur Neuen Musik rechnen, der orientiert sich tatsächlich eher an klassischen Vorbildern. In meiner Liste stand York Höller, das ist stilistisch etwas ganz anderes.
                          Ferner würde mich interessieren, ob Du Heinz Holliger als Interpreten gehört hast oder als Komponisten. Er ist ja auch ein führender Oboist (bzw. als solcher sogar bekannter), der das gesamte klassische Repertoire spielt.
                          Zuletzt geändert von Gast; 22.03.2008, 19:30.

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                            Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                            Was das >Schicksalsmotiv< und seine Entwicklung angeht: Davon gibt es eine wirklich faszinierende Analyse von August Halm - einen der geistvollsten Musikschriftsteller, dessen gesammelte Werke übrigens Adorno edieren wollte. Das Faszinierende des >Schicksalsmotivs< ist, wie aus dem zunächst unselbständigen Motiv ein selbständiges Thema wird. Halm sagt: Dieses Motiv ist zunächst wie der kleine Ganimed in den Klauen des Adlers! Formal ist das das Problem der musikalischen Einleitung: Ein Thema wird nicht >gesetzt<, >exponiert<, sondern durch einen Prozeß der Motivverdichtung entwickelt. Ein revolutionäres Formprinzip! Was bei Beethoven auf begrenztem Raum passiert (Themenbildung durch Motivverdichtung), daraus gestaltet dann Bruckner eine ganze Symphonie!

                            Auch Schönberg bezieht sich auf das Schicksalsmotiv der 5. Beethoven. Für ihn ist das ein Beispiel für >entwickelnde Variation<!

                            Deine Unterscheidung von Ausdruck und Bedeutung verstehe ich schlicht nicht. Ausdruck gibt es niemals ohne Bedeutung, das sagt uns doch jede Sprachtheorie!

                            Beste Grüße
                            Holger
                            Sorry, da habe ich mich arg verkürzt ausgedrückt. Kleines Beispiel um zu verdeutlichen worum es mir ging. Das Gemeinte: Jemand versucht einem anderen von ihm geliebten Menschen sein(e) Gefühl(e) mitzuteilen = Ich liebe Dich. Der Ausdruck: Laut aufbrausend, zärtlich usw. alles ist denkbar. Mein unscharfe Formulierung „Ausdrucksgehalt“ meint daher die Intensität und geht über den reinen Inhalt der Mitteilung, der Kommunikation mit dem Empfänger der Botschaft, hinaus. Ferner ist m. E. der „Ausdrucksgehalt“ insofern von dem Gemeinten zu unterscheiden, als das z.B. ein gesprochenes „Ich liebe Dich“ von einem gesungenen zu unterscheiden ist. BTW: Meine Frau bevorzugt, wie auch die Wasserleitungen neben unserer Dusche, dass gesprochene Wort. :-) Schöne Ostern

                            Kommentar


                              Zitat von zatopek Beitrag anzeigen
                              Kann man es einem Hörer, der keine musiktheoretische Ausbildung hat verdenken, wenn er bei der Musik eines John Cage oder Karl-Heinz Stockhausen (nur mal als Beispiel; bitte: ich habe nichts gegen die beiden Komponisten und will auch nichts gegen sie sagen) erst einmal die Stirne runzelt und die Frage stellt "Was soll das ?".
                              Ist doch klasse. Dies kann ein Einstieg zu vielem sein.


                              Pandtische Grüße :-)

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                                Zitat von UweM Beitrag anzeigen

                                Wo Argumente fehlen, hilft im Zweifelsfall pseuduintellektuelles Geschwafel. Habe ich da einen wunden Punkt getroffen?
                                Eile mit Weile, es schadet keinem sich auch in fachfremden Gebieten um zu sehen.

                                Mir ist es nicht verständlich, warum man nicht Holger Kalethas Beiträge in diesem Thread genau liest und davon einiges mitnimmt - ich halte sie für hervorragend. Hier geht es doch nicht um Kabelklang und sonstigen Unsinn, sondern um "Neue Musik".

                                Als nicht "Vodoo Gläubiger" empfehle ich, frech wie ich bin, ungefragt sich etwas mehr mit Geschichte zu beschäftigen. Vieles wird dann leichter verständlich und der eine oder andere regt sicht dann nicht mehr über "Neue Musik" sondern über ganz andere Dinge auf.

                                Nochmals: Die geschichtliche Entwicklung der Menschheit ist auch geprägt durch eine gegenseitige Befruchtung der verschiedenen Wissenschaften.

                                Humane und schöne Ostern :M

                                Kommentar

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