Zum Thema Improvisation ist es angebracht, eine musikhistorische Bemerkung zu machen.
Improvisieren war in der europäischen Musik einmal gang und gäbe. Händel hat ganze Orgelkonzerte improvisiert, die Kadenzen in Konzerten wurden improvisiert, Liszt oder auch Brahms haben in ihren Konzerten selbstverständlich improvisiert. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts kam dann das Improvisieren aus der Mode. Liszt hat bekanntlich im Revolutionsjahr 1848 seine Virtuosenkarriere eingestellt!
Der Grund ist der Werkbegriff. Im 19. Jahrhundert war das Bestreben, daß die Musik es den anderen Kunsten (Literatur, bildende Kunst und Dichtung) gleich tun sollte, in dem sie bleibende, vollendete Werke schafft, die es an Rang mit Homer, Dante Goethe oder Michelangelo aufnehmen können.
Das ästhetische Ideal des Werkes ist die Vollendung, die Ausformulierung eines fertigen Gedankens in vollkommenster Weise: Die Vollendung eines Werks wird definiert, daß man nichts hinzufügen oder wegnehmen, ohne das Ganze zu zerstören!
Die Improvisation lebt dagegen vom spontanen Einfall. Da waltet der Zufall, es kommt mal Gutes und weniger Gutes heraus. Das paßt einfach nicht zu diesem Werkideal! Die Verdrängung der Improvisation in der europäischen Musik hat also ästhetische Gründe und erst im 20. Jahrhundert, mit der Abkehr von diesem Werkverständnis, bekommt auch wieder die Improvisation ihren Raum!
Gruß Holger
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Ein Gast antwortete
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Original von BarFly
Auch wenn das Publikum weitgehend mit konventionellem Gedudel zufrieden ist...
Musik, die darauf ausgerichtet ist, weitestgehende Übereinstimmung mit einem Publikum zu suchen, bevor das Publikum überhaupt hinhören konnte. Konventionen sind doch Übereinstimmungen; die beachtet und eingehalten werden wollen. Konventionelles Gedudel ist Musik, die nie über den Zaun springt.
... so haben doch gerade die zahlreichen Musiker oft auch eine ganz andere, tiefergehende Beziehung zur Musik.
Als nicht-Musiker und nur-Hörer stelle ich mir schon vor, daß musikalisch gebildete Musiker nicht nur hören können, sondern auch verstehen, was sich 'hinter den Noten' oder den Tönen verbirgt, verbergen kann.
Das kommt natürlich für einen ahnungslosen und musikalisch Ungebildeten Musik Konsumenten nicht deutlich zu Bewusstsein.
Ich bin nicht elitär. Gedanken können in Wahrheit nicht elitär sein, vermute ich mal. Keith Jarreths Interview habe ich gelesen. Immerhin meint er nicht : I love you all. Klar, es ist auch möglich auf jeder Bühne mitzuteilen : Ihr seid das beste Publikum. Ich liebe Deutschland. I love Australia. Ich bin gerne hier in dieser Stadt, weil nirgendwo ist das Publikum so freundlich wie Hier.
Miles Davis hat mit dem Rücken zum Publikum gespielt.
Charlie Parker hat immer wieder Konzerte platzen lassen, weil er keine Drogen hatte, oder weil er zuviel Drogen hatte.
Künstler sind auch nur Menschen. Die einen sind überhaupt nicht distanziert und lassen sich anfassen, andere trinken nach dem Konzert gerne was und fühlen sich in der Menge sauwohl.
dann doch auch zum Alltag dazu gehört.
Musik ist ein Teil meines altäglichen Lebens. Dabei höre ich gerne auch ältere Musikaufnahmen. Positiv überrascht bin ich, wenn ich im Radio was entdecken kann, was mir gefällt. Meistens höre ich im Radio aber immer Musik, die sich selbst ähnlich, ohne einfaltsreichere Variationen erklingt.
Die letzte Musikerin die meine Aufmerksamkeit erregen konnte heißt:
Hanne Hukkelberg
Die ist in meinen Ohren was besonderes. Überhaupt nicht elitär und komplett unkonventionell. Einfach sehr überzeugend.
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Keith Jarret
Im aktuellen Jazzthing ist ein aufschlußreiches Interview mit Jarret.
(nebenbei gesagt enthält das Heft eine Sampler-CD mit wunderbaren 24-bit Remasterstücken des Labels enja)
Gruß
Micha
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Ein Gast antworteteIch glaube ehrlich gesagt dass sehr viele Leute Miles kaufen aber viel weniger Miles hören. Erstens deswegen weil sein Oeuvre so umfangreich und abwechslungsreich ist, dass man eigentlich nur dann das richtige für den eigenen Geschmack findet wenn man sich ein bisschen auskennt und zweitens weil er auf den meisten Aufnahmen nicht wirklich einfache Kost bietet. Ist so mein durch Empirie keineswegs gestütztes Gefühl.
lg ken
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Ein Gast antworteteOch, ich kenne sehr viele Leute, die Miles Davis hören.
Er hat ja auch nicht gerade wenige Tonträger verkauft zu Lebzeiten und posthum. ;)
Gruß,
Markus
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Ein Gast antworteteHallo Holger :Z
Ganz meine Meinung. Wobei ja der Miles Davis jetzt kein unbekannter ist, wirklich anhören tun ihn aber wahrscheinlich nicht so viele.
lg ken
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Ein Gast antworteteMoin zusammen,
vieles was hier gesagt wurde kann ich so unterschreiben.
Was mir auffällt:
Viele Menschen kennen Jazz nicht und das finde ich sehr schade.
Die meisten haben keinen 'Zugang' dazu weil sie keinen 'Einblick' haben.
Jazz ist den Augen der Masse irgendwas diffuses zwischen Dixie und Free.
Und das mag nicht jeder. Wenn Garbarek oder Miles Davis bekannter wären
würde auch mehr Menschen Jazz hören. Jedenfalls ist das meine Einschätzung.
Ich kam auch nur zufällig zu Jazz. Im Alter von etwa 20 haben mich Freunde zu einem Konzert
von McLaughlin mitgeschleppt.
Dann habe ich mir Dutzende CDs ausgeliehen. K.Jarrett, Miles Davis, Coltrane, Garbarek und sonstigen ECM-Kram etc.
Darauf folgten weitere Konzerte, Jarrett, McLaughlin, Don Cherry usw.
sowie das intensive Lesen von Plattenkritiken.
Irgendwann weiß man dann in welche Richtung man will, was einem gefällt und was nicht.
Ich persönlich erwärme mich z.B. nicht für konservativ-bewahrenden Jazz,
Marsalis & Co. Alles hat seine Zeit, und da ist mir ein Coltrane von '62 lieber denn das war damals neu.
Ich sehe auch nicht den geringsten Widerspruch gleichzeitig Who oder Stones zu hören.
Oder Grieg oder was weiß ich. Hauptsache es ist gut.
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Ein Gast antworteteEr hat ja auch nicht das ganze Konzert abgebrochen, nur ein einzelnes Stück. ;)
Und wenn die Leute danach weniger gehustet haben - wovon ich ausgehe - war die Maßnahme doch nicht ganz verkehrt.
Und sie hätte dann auch meine obige Annahme bestätigt. :Z
Gruß,
Markus
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Hallo,
Original von Markus Berzborn
Es ist einfach eine Frage der Haltung, die die Leute zur Musik haben.
Überleg mal: Wenn Du zum ersten Rendezvous gehst, würdest Du da pausenlos husten und niesen oder doch lieber versuchen, das zu unterdrücken und Dich von Deiner besten und konzentriertesten Seite zu zeigen?
Mit der Einstellung sollte man m.E. auch ins Konzert gehen.
Gruß,
Markus
Aber hier wird einem nur unwichtigem Teil des Posts, viel zu viel Aufmerksamkeit von dir geschenkt.
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Ein Gast antworteteEs ist einfach eine Frage der Haltung, die die Leute zur Musik haben.
Überleg mal: Wenn Du zum ersten Rendezvous gehst, würdest Du da pausenlos husten und niesen oder doch lieber versuchen, das zu unterdrücken und Dich von Deiner besten und konzentriertesten Seite zu zeigen?
Mit der Einstellung sollte man m.E. auch ins Konzert gehen.
Gruß,
Markus
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Hallo,
Original von Markus Berzborn
Ich schätze, dass über 90% der Huster im Konzert überflüssig sind und nur von Leuten kommen, die halt auch mal "gehört" werden wollen.
Ich habe selbst bei Erkältung noch nie gehustet im Konzert. Wenn man der Musik wirklich zuhört, vergisst man auch den Hustenreiz. Geht zumindest mir so.
Gruß,
Markus
Und wenn die Zahl auch nur annähernd stimmt, ist der denn Gott, dass er beurteilen kann ob es Absicht oder nicht war? Das ist nix anderes wie unentschuldbare Zickigkeit.
Da dürfte ich, wenn ich überhaupt wöllte :D, niemals zu solch einem Konzert. Denn ich muss, auch ohne Schnupfen so etwa jede Stunde mal niesen! Da gibt es keine Chance das zu unterdrücken. Absicht wg. "Hallo, ich bin auch da"? Sicherlich nicht! Das nervt nämlich immer Taschentücher mitzuschleppen.
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Ein Gast antworteteOriginal von BarFly
Denn husten/niesten müssen ist etwas absolut Menschliches und hat nix aber auch gar nix mit stören zu tun.
Ich habe selbst bei Erkältung noch nie gehustet im Konzert. Wenn man der Musik wirklich zuhört, vergisst man auch den Hustenreiz. Geht zumindest mir so.
Gruß,
Markus
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Hallo,
vorab, gegen Jazz hab ich eigentlich nix, im Gegenteil, die Zahl meiner Jazzplatten wächst. Vor allem Bebop (Charlie Parker, Chet Baker oder John Colterane) und die neuen jungen Jazzmusiker haben es mir neuerdings angetan. Mit Mangelsdorf, Dauner, Doldinger kann ich widerum gar nix anfangen.
Was mich aber schon immer am Jazz genervt hat - die, wir sind die besseren Musikhörer/Musiker, Attitüde vieler Fans und auch vieler Musiker. Jüngstes Beispiel ist wohl K. Jarreth. Meine Herrn :L, was für ein dämliches Gezicke! Wenn er nicht vor Menschen spielen will, dann soll er im Kämmerlein spielen. Denn husten/niesten müssen ist etwas absolut Menschliches und hat nix aber auch gar nix mit stören zu tun.
Jazz ist auch nichts besonders Bedeutendes in der Musikgeschichte bzw. nicht bedeutender als anderes. Als Grundlage der modernen Musik den Jazz einzuschätzen, sorry das ist zuviel der Ehre.
Die diversen Musikstile haben sich ja stets gegenseitig beeinflusst. Und ich glaube nicht das Musiker in Afrika oder Lateinamerika von den europäischen Avantgardisten beeinflusst waren. Und wenn dann nur ganz am Rande. Davon mal abgesehen kamen die wichtigsten Einflüsse in der Musik der letzten 100 Jahre wohl eindeutig von dort - und sei es durch den Blues oder die Gospelmusik.
Auch wenn das Publikum weitgehend mit konventionellem Gedudel zufrieden ist...
... so haben doch gerade die zahlreichen Musiker oft auch eine ganz andere, tiefergehende Beziehung zur Musik.
Das kommt natürlich für einen ahnungslosen und musikalisch Ungebildeten Musik Konsumenten nicht deutlich zu Bewusstsein.
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Ein Gast antworteteKommt drauf an. Es gibt auch sehr schöne LPs von Brötzmann.
Trotzdem ist er nicht weitergegangen als Stockhausen. Es gibt ja von Stockhausen auch völlig frei improvisierte Musik, die sogar versucht, jegliche Idiome zu vermeiden. Er nennt das "Intuitive Musik". Während Brötzmann trotz seiner Freiheiten fast immer "Jazz" bleibt.
Brötzmann ist übrigens LP-Fan. Er bringt auf seinem eigenen Label BRÖ Aufnahmen heraus, die es nur als LP gibt.
Gruß,
Markus
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Ein Gast antworteteDa sind Schönberg, Webern, Nono, Boulez oder Stockhausen weiter gegangen - im Vergleich dazu ist die meiste Jazzmusik konventionell! Aber das tut ihr auch gar keinen Abbruch - ihre Stärken liegen ganz woanders!
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