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Das Ende von Lang Lang? Konzert in Wien 28.2.2010

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    Das Ende von Lang Lang? Konzert in Wien 28.2.2010

    Meinen besten Dank an Bernd für die Übersendung dieses Rundfunkmitschnitts von Ö1! :M



    Lang Lang, Konzert im Wiener Musikvereinssaal, 28.2.2010, Rundfunkübertragung Ö1, 12. März 2010, 19.30

    Programm: Beethoven –Sonaten op. 2 Nr. 3 u. op. 57 („Appassionata“), Albeniz „Iberia“ Heft 1 (Evocation, El Puerto, Fete Dieu a Seville), Prokofieff 7. Sonate. Zugaben: Copin Etüde op. 25 Nr. 1, Polonaise Nr. 6 und Walzer op. 34/1.

    Mit nunmehr 28 Jahren dabei, den musikalischen Lehr- und Wanderjahren zu entwachsen, erwartet man auch vom Medienstar Lang Lang ein reifes Konzertprogramm, dass nicht nur mit Virtuosenliteratur zu glänzen versucht, sondern sich an die monumentalen Klassiker wagt, zumal als Ort des Auftritts der ehrwürdige Musikvereinssaal der geheimen musikalischen Hauptstadt der Welt – Wien – gewählt ist. Dieser Erwartung scheint Lang Lang auch entsprechen zu wollen: Zu Beginn stehen zwei Klassiker: Die frühe Beethoven-Klaviersonate op. 2 Nr. 3, die sowohl Virtuosität als auch klassische Reife erfordert. Bereits hier ist die Meßlatte für Lang Lang unglaublich hoch, hat doch der mit 21 Jahren noch 7 Jahre jüngere Arturo Benedetti Michelangeli mit seiner Mailänder Aufnahme aus dem Kriegsjahr 1941 (EMI-Italiana) Maßstäbe gesetzt was schier unglaubliche virtuose Perfektion und frühreifen, traumwandlerischen Sinn für Klassizität angeht. Zu dieser Zeit war ABM nicht von ungefähr – seit seinem 18 Lebensjahr – bereits Professor! Das zweite Werk auf dem Programm, Beethovens Sonate op. 57, die „Appasionata“, gehört zu den meistgespielten Werken, mit dem bedeutende Interpreten immer wieder den Beweis ihres Könnens abgeben. Ob Lang Lang dieses klassische Programm zu bewältigen vermag? Von vornherein war ich sehr skeptisch. Das rührte nicht zuletzt von einem Film her, der Lang Lang in der Beethoven-Meisterklasse von Daniel Barenboim zeigt, wo sich Star Lang Lang Belehrungen in Sachen „Appassionata“ gefallen lassen muss, die ihn doch ziemlich „grün“ hinter den Ohren zeigten: Da wirkte der junge Chinese wie ein Konservatoriumsschüler vor Erlangung der Konzertreife. Und meine Befürchtungen werden leider mehr als bestätigt. Für Beethoven fehlt Lang Lang schlicht jeglicher musikalische Sachverstand. Er verfügt weder über Formgefühl, weder über Sinn für klassische Periodik und ihre Phrasierung, weder hat er Sinn für musikalische Entwicklungen, noch die Fähigkeit, sich in die „Empfindsamkeit“ Beethovens einzufühlen. Lang Lang macht schlicht zu jeder Zeit die falschen Dinge. Es gibt jede Menge unsinnige Betonungen, zum wiederholten Mal ein klobiges Forte, dass sich nicht in den Kontext einfügt, statt atmender Phrasierung, metrischer und rhythmischer Stabilität willkürliche Dehnungen und Stauchungen, so dass der musikalische Fluß versiegt und Musik in eine Folge von lauter unzusammenhängenden Einzelereignisse zerfällt. Bezeichnend in der Sonate op. 2 Nr. 3 der unsinnig lang gehaltene Triller im Finale bar jeglichen musikalischen Zeitgefühls. Und so etwas wie musikalische Konsequenz ist Lang Lang fremd. Warum bleibt er im virtuosen Mittelteil des Scherzo, der das Trio vertritt, nicht bei seiner Linie, mit der er beginnt? Die Klassiker eignen sich nicht dazu, sich interessant zu machen. Was gesagt wird, ist in gewissem Sinne einmalig und endgültig, ein „Eidos“ im griechischen Sinne, ein unveränderlicher Wesensanblick. Auch klaviertechnisch ist das alles andere als perfekt, was der Virtuose Lang Lang hier abliefert. Hier überhaupt Vergleiche zu ABMs mirakulöser Aufnahme anstellen zu wollen, wäre vermessen. Der langsame Satz hat keinerlei Ausstrahlung: Da gibt es weder so etwas wie Innerlichkeit noch Dramatik. Statt dessen verzärtelnde Klangsäuseleien und ein Auf-der-Stelle-Treten der Musik, wo so etwas wie Drang und Leidenschaft zu verspüren sein sollte – gerade in diesem Satz sind die Bezüge zur Oper eigentlich mit Händen zu greifen. Und die Appassionata? Wie konturlos und unorganisiert das Seitenthema auftritt – das ist kaum zu glauben. Der Variationssatz ist als ein solcher kaum zu erkennen, keine organische Entwicklung! Im Finale ist Lang Lang um virtuosen Effekt bemüht mit deutlich vernehmbaren pianistischen Schwächen – Lautstärke statt Präzision. Die Coda im Tempo angezogen und überdreht, keine organische Tempodramaturgie.

    Wer nun darauf hofft, dass Lang Lang beim Klassiker des spanischen Impressionismus, Isaac Albeniz´ klaviertechnisch wie musikalisch höchst anspruchsvoller Iberia-Suite, endlich zu sich selbst finden würde, der wird doch herb enttäuscht. Schon „Evocation“ mit Lang Langs manierierter, übertreibender Phrasierung verunstaltet lässt jeden Sinn für das Idiomatische dieser Musik, das spanische Couleur, vermissen. Wieder versucht Lang Lang mit einer Mischung aus Sich-Interessantmachen und Klangsäuselei durchzukommen. Bei dem vom Rhythmus lebenden so lebensfrohen Stück El Puerto, welchen Lang Lang so befremdlich verfremdet, kann man ihm nur raten, eine mehrwöchige Reise durch die iberische Halbinsel zu unternehmen und immer wieder Flamenco zu hören. Albeniz portraitiert anschließend Sevilla mit einer Prozessionsszene und einem dort allbekannten Choral. Da ist es erforderlich einmal den hymnischen Tonfall treffen und der Marsch braucht einen festen und feierlichen Schritt. Zudem hat dieses Stück wie kein anderes Lisztsche Grandezza. Ein Daniel Barenboim, der im übrigen eine alles andere als ideale Aufnahme der ersten beiden Hefte von Iberia hinterlassen hat, vermag es hier, Lisztsche Dämonie spüren zu lassen. Bei Lang Lang ist das belangloses Klavier-„Spiel“. Dieses Stück gehört zu den technisch anspruchsvollsten des immens schwierigen Iberia Zyklus (die Notenfülle erschlägt den Interpreten förmlich und findet nur auf drei (!) Notenzeilen Platz!). Besonders vertrackt ist eine polyphone Passage, wo Albeniz die Musik gleichsam mehrfach übereinanderblendet. Lang Lang wurschtelt sich dermaßen stümperhaft durch diesen Abschnitt, dass ich laut lachen musste! Da kann man nur sagen: Schleunigst vergessen und Alicia de Larrocha hören!

    Ein junger Musiker sollte doch wenigsten Prokofieffs 7. Sonate mit ihren Maschinenrhythmen bewältigen können. Aber auch da wird man von Lang Lang eines Besseren bzw. Schlechteren belehrt. Schon der Auftakt des Kopfsatzes ist dermaßen klobig und unpassend, dass man es kaum fassen kann. Die motorische Bewegung bei Lang lang rollt nicht an, er fällt mit der Tür ins Haus. Natürlich, so etwas wie musikalische Entwicklung ist damit im Keim erstickt. Kopfschütteln erzeugt sein – man kann es nicht anders sagen – stümperhafter Vortrag des Seitenthemas. Die Ratlosigkeit des Interpreten ist hier mit Händen zu greifen. Die versucht er überspielen mit dermaßen schwachsinnigen Phrasierungen und Akzentuierungen, womit er sich einmal mehr interessant zu machen versucht. Das erinnert an die ebenso musikalisch unsinnigen Manierismen eines Ivo Pogorelich. Von messerscharfer rhythmischer Präzision ist Lang Lang zudem weit entfernt. Der langsame Satz zeigt Lang Langs Unfähigkeit, sich in die russische Gefühlswelt einzufühlen. Jedem Interpreten müsste es eigentlich deutlich werden, dass sich Prokofieff hier mit Alexander Scriabin auseinandersetzt. Der lyrische Satz endet dämonisch in einer Apotheose, einem makabren Marsch, der an Scriabins 9. Klaviersonate erinnert. Und das Finale? Das sind die mechanisch stampfenden Rhythmen des Maschinenzeitalters, eine „objektive“, „tote“ Dynamik ohne lebendige Subjektivität. Es ist unfassbar: Auch das versteht Lang Lang einfach nicht und macht daraus eine musikalische Oper! Grauenvoll! Seine klaviertechnischen Schwächen überspielt er mit der Lautstärke – in der Schlußapotheose versinken die Rhythmen einfach im Pedalnebel! Unfassbar schlecht! Das Publikum aber grölt begeistert - auch in Wien ist Musik offenbar zum Zirkusereignis geworden.

    Diesen misslungenen Abend runden Zugaben von Chopin ab. Der polnische Meister hat schließlich 200. Geburtstag. Lang Lang beginnt mit einer klaviertechnisch schlampig und geschmacklos vorgetragenen Etüde op. 25 Nr. 10. Da wird im Stile von Rachmaninow oktaviert und quasi paraphrasiert. Ausgerechnet bei dieser so schlichten Etüde mit ihren sanften Harfenklängen, die den Auftakt des zweiten Zyklus bildet! Die Polonaise Nr. 6 gehört zu den beliebtesten Vortragsstücken – von Rubinstein und Horowitz war sie bei ihren Moskauer Konzerten zu hören. Lang Lang ist von deren Niveau himmelweit entfernt: Das ist musikalischer Zirkus, der an Geschmacklosigkeit nicht mehr zu überbieten ist. Den Abschluß bildet der virtuose Walzer op. 34 Nr. 1 – auch Rubinstein wählte ihn als Zugabe in seinem Moskauer Konzert von 1961. Da kann man nur sagen: Bitteschön Rubinstein hören! Bei Lang Lang gerät dies nicht nur zum Salonstück, das ist einfach infantil, albern lustig. Eine musikalische Peinlichkeit, welche die Peinlichkeit des ganzen Konzertabends noch einmal vor Augen führt.

    Man kann nur hoffen, dass Langs Langs Plattenfirma nicht auf die gefährliche, weil kaufmännisch verlockende Idee kommt, dies auf CD oder DVD gewinnbringend zu vermarkten. Denn dann würde jeder wissen, dass sich Lang Lang als seriöser Interpret aus der Musikwelt verabschiedet hat und fortan als Zirkusartist in Fernsehshows wie „Wetten dass...“ wahrlich besser aufgehoben ist! In dieser „Form“ ist der „Star“ Lang Lang eine Beleidigung für die Musikwelt


    Beste Grüße
    Holger

    #2
    Eine schlimme Kritik!

    Ich verstehe zu wenig davon, um das beurteilen zu können (weder das Spiel noch die Kritik). Wenn ich als Laie Lang Lang beim Spielen zusehe, bin ich jedenfalls immer sehr erstaunt was seine Technik betrifft.
    Gruß
    David


    WEBSEITE HiFiAKTIV: Klick mich
    Einen "Audio-Laien" erkennt man daran, dass er sich viel mehr mit Audiokomponenten beschäftigt als mit Raumakustik, LS-Aufstellung und Hörplatzwahl.
    Auch Personen, die noch wenig Wissen auf diesem Gebiet haben, oder solche, die Rat und Hinweise von Erfahrenen suchen, sind hier richtig.
    Meine Auffassung von seriösen Vergleichstests: Klick mich - Die bisherigen Testergebnisse: Klick mich - Private Anlage: Klick mich - Wann gefällt mir ein Musikstück? - Klick mich
    Grundsätzlich: Behauptungen die mir bedenklich erscheinen, glaube ich nur, wenn sie messtechnisch nachvollziehbar sind und wenn sie mir in Form eines verblindeten Vergleichs bewiesen werden konnten.
    Eine Bitte an Alle: nicht ganze (noch dazu große) Beiträge zitieren und darunter einen kurzen Kommentar schreiben! Besser (beispielsweise): "Volle Zustimmung zu Beitrag 37".
    Wichtig: zumindest versuchen, beim Thema bleiben!

    Kommentar


      #3
      Zitat von Hifiaktiv Beitrag anzeigen
      Ich verstehe zu wenig davon, um das beurteilen zu können (weder das Spiel noch die Kritik). Wenn ich als Laie Lang Lang beim Spielen zusehe, bin ich jedenfalls immer sehr erstaunt was seine Technik betrifft.
      Derr Standard heute international ist auch ziemlich hoch. Nur wenn man so einen Rang wie Lang Lang als "Star" beansprucht, dann erwartet man etwas anderes. Ein Rafal Blechacz ist ihm jedenfalls was makellose Technik angeht deutlich überlegen - das zeigt dieses mißlungene Konzert. Es kann natürlich auch sein, daß Lang Lang in dieser Hinsicht der Ruhm zu Kopf gestiegen ist und er sich auf seinen Lorbeeren ausruht statt an sich weiter zu arbeiten - sprich zu üben! Wenn er so weiter macht, dann wird es ihm ergehen wie Daniel Barenboim, der meist unter seinen Möglichkeiten bleibt wegen notorischer Überbeschäftigung.

      Beste Grüße
      Holger

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        #4
        Wenn David zugibt nix von Klassik zu verstehen, ergreife ich die Gelegenheit beim Schopf und gebe auch mein Urteil ab. Während einer Hörsitzung bei einem Bekannten musste ich mir unbedingt eine Lang Lang CD anhören. Mein Bekannter beschäftigt sich weit, weit mehr mit klassischer Musik als wie ich das pflege. Aber mir gefällt das Spiel des Herrn Lang Lang überhaupt nicht - worauf ich mir eine gehörige Schelte einfing - immerhin ist Lang Lang einer der Besten wenn nicht DER Beste. Finde ich nicht. Mir kommt er vor als hätte er hinten am Rücken einen Schlüssel zum aufziehen ....

        Grüße, dB
        don't
        panic

        Kommentar


          #5
          Mir kommt er vor als hätte er hinten am Rücken einen Schlüssel zum aufziehen ....
          Eine gute Beschreibung, mit der ich etwas anfangen kann (auch als Laie;)).
          Gruß
          David


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          Wichtig: zumindest versuchen, beim Thema bleiben!

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            #6
            Schön, Holger, dass dich der Bernd versorgt hat.

            Ich hab´s gehört, sogar längere Zeit durchgehalten. :L

            Meine Ohr, zwar nicht so Fachkundig wie deines, hat sehr gelitten. Ich kann und konnte diesen Hype um Lang Lang sowieso noch nie nachvollziehen.

            herzlichst

            Kommentar


              #7
              Finde ich bemerkenswert, auch ich verstehe nichts von Klassik, höre sie aber dennoch regelmäßig und habe bei den Auftritten von Lang Lang immer den Eindruck einer mechanischen, sterilen, gefühllosen Art zu spielen gehabt, konnte den Rummel um ihn auch nicht nachvollziehen.

              mfg
              schaffi

              Kommentar


                #8
                Hallo Holger,

                ich habe von klassischer Klaviermusik recht wenig Ahnung, kann nur sagen, entweder fühle ich mich durch ein Spiel emotional angesprochen oder nicht. Diese Musik hier möchte ich dir mal an´s geneigte Ohr legen, in der Hoffnung, du mögest sie mal anhören und vielleicht irgendwas darüber schreiben. Deine Höreindrücke finde ich stets interessant. Also, nun hier meine Empfehlungen:

                Didier Squiban - Moléne


                Didier Squiban – Porz Gwenn
                18 varations pour piano




                Diese Produktionen nehmen mich mit auf eine Reise. Da kann ich alles um mich herum vergessen. Kein Zappen, einfach auflegen, hinhören, abdriften. Wunderbar.

                Gruß
                Franz


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                  #9
                  1. Holgers Kritik ist vernichtend, im Ergebnis vielleicht etwas überzogen - immerhin ist Lang-Lang erst zarte 28 Jahra alt - für das Konzert dürfte sie aber zutreffen. Auch mir hat das überhaupt nicht gefallen, was er gespielt hat. Ich glaube aber nicht, dass das gleich das Ende einer Karriere ist. Immerhin scheint es dem Publikum gefallen zu haben, und darauf kommt es ja an. Kritiker kommen in der Regel umsonst in ein Konzert, das Publikum muss dafür zahlen und kauft hinterher auch nicht die CDs.

                  Lang-Lang selbst lebt schließlich von seiner Musik und seiner Popularität, da kommt es ihm natürlich weniger darauf an, wie seriöse Kritiker darauf reagieren, solange es noch solche Kritiken gibt:

                  Konzert: Lang Lang (Klavier)
                  Pianist vom anderen Stern

                  Von Gerhard Kramer


                  Lang Lang ist ein Pianist sui generis, mit nichts und niemandem seiner Branche sonst zu vergleichen. Nicht nur seiner fulminanten Technik wegen: Die blendende Helle seines Anschlags im Diskant, sein explosives Forte, seine präzise abgefeuerten Staccati, die atemberaubende Prägnanz des Rhythmus – das alles wurzelt letztendlich in seiner schier unheimlichen manuellen Kraft. Mit ihr erweitert er die Spannweite der Dynamik fast ins Unendliche, ohne doch je ins Derbe zu verfallen; zumal daneben seine geschmeidige, einschmeichelnde Sanglichkeit im Piano durchaus gewahrt bleibt.
                  Herzstück des Abends im Musikverein – und zugleich eine Widerlegung jener, die den 27-Jährigen gern auf eine gut geölte Technik-Maschine reduziert sähen – war Beethovens "Appassionata". In gleichsam übermenschlicher Größe erstanden die Leidenschaften des Stirnsatzes; besonders faszinierte, mit welch ungewohnter Wärme Lang Lang die Kantilene des Seitenthemas zu erfüllen wusste. Tiefe Ruhe atmete das Andante con moto, mit unerbittlicher Klarheit entrollten sich die Klangkaskaden des Finales.

                  Bei Beethovens C-Dur-Sonate op. 2/3 zu Beginn waren die Kontraste vielleicht noch etwas unvermittelt nebeneinander gestanden. Nach der Pause entwarf dann der Pianist mit dem ersten Heft der "Iberia" von Isaac Albéniz farbenprächtigstes spanisches Kolorit, bevor zuletzt noch Prokofjews populäre Klaviersonate Nr. 7 vorüberdonnerte.

                  Frenetischer Beifall und Standing Ovations für Chopin im Zugabenprogramm beschlossen einen denkwürdigen Abend.
                  Quelle: http://www.wienerzeitung.at/DesktopD...wzo&cob=475766

                  Allerdings sind auch die Kritiker uneins:

                  Lang Lang missdeutet Musik als Leckerei
                  01.03.2010 | 18:48 | WALTER WEIDRINGER (Die Presse)
                  Der chinesische Pianist begeistert die Massen, brilliert technisch – und degradiert dabei die Musik.


                  Er ist ein Popstar. Und als solcher braucht er auch ein Mindestmaß an Inszenierung. Da passt es zum Beispiel gar nicht, wenn zwei Plätze in der ersten Sitzreihe auf dem Podium frei zu bleiben drohen. Immerhin wird mit Mikros und Kameras mitgeschnitten – und gerade bei der ersten Veröffentlichung unter neuer Flagge, denn Lang Lang hat ja seine Plattenfirma gewechselt, soll es nicht gleich so aussehen, als würde das Interesse der Fans ermatten. Da diskutiert also eine Dame vom Filmteam mit den Besuchern, füllt die Sitze aus den hinteren Reihen auf. Bis dann nach dem ersten Werk die zu spät Gekommenen ihre Plätze beanspruchen wollen und sich reinste Loriot-Szenen anbahnen...

                  Dergleichen wäre alles irrelevant und längst vergessen, wenn Langs Interpretationen so einprägsam gerieten, wie es seine manuellen Fähigkeiten erhoffen ließen. Sie sind es nicht. Stattdessen wirkt der chinesische Pianist bei seinem Umgang mit egal welchen Stücken wie der staunende Charlie in der Schokoladenfabrik: Er missdeutet sie als endlose Kette klingender Leckereien, von deren Süße oder irrem Brausepulver-Prickeln er seine Hörer mit allen Mitteln überzeugen will – inklusive mal lächelnd verzückter, mal lächelnd beifallheischender Blicke, die er ins Publikum wirft und bei denen unklar bleibt, ob er sich an den Tönen, seiner eigenen Fingerfertigkeit oder an beidem berauscht.

                  Gehaltvoll wie eine Etüde von Czerny

                  An einzelnen Stellen hebt er doch glatt in expressionistischer Geste den Handrücken vor den offenen Mund, als wäre er einem Stummfilm entsprungen. Statt einer fesselnden dramatischen Erzählung kommt sein Spiel einer Delikatessenverkostung gleich, bei der einem bald der Appetit vergeht. Was nützt es, wenn etwa die Appassionata im vielleicht schnellsten Prestissimo seit Menschengedenken ihrem Ende zurast, wenn die Klänge gänzlich inhaltsleer bleiben? Ein Zug der Lemminge auf Speed als Abschluss einer Sonate, die ungefähr so gehaltvoll wirkte wie eine Etüde von Czerny. Egal, was Lang an seinem in geradezu überspannter Weise auf brillant frisiertem Flügel anpackte, ob Beethoven, „Iberia“-Piècen von Albéniz, die donnernde siebente Prokofjew-Sonate sowie als Zugaben im Chopin-Jahr eine ganz kandierte As-Dur-Etüde op. 25/1 oder die mit bedenklichem Nachdruck und Geschwindigkeit in die Tasten gehämmerte Polonaise op. 53: Er macht Musik zur schönsten Nebensache der Welt. Da mag sogar passen, dass viele Konzertbesucher auch zwischen den Sätzen begeisterten Applaus spenden – als Ansporn für den Hochleistungssportler, der Rekorde in zuckrigen Häppchen liefert. Ein Jammer, der allgemeine Jubel.
                  Quelle: http://diepresse.com/home/kultur/kla...assik/index.do

                  Diesem Artikel entnehme ich, dass es bald wieder eine CD geben wird, die ich nicht zu kaufen brauche

                  2. Didier Squiban ist schon ein sehr aussergewöhnlicher Pianist. Er verbindet bretonische Foklore mit Jazz-Improvisation in einer sehr gelungenen Mischung. Auch wenn sich bestimmte Dinge wiederholen, wird es eigentlich nie wirklich langweilig. Wirklich eine exzellente Empfehlung. Ich fürchte indes, für Holger nicht anspruchsvoll genug.

                  Viele Grüße,

                  Bernd
                  Zuletzt geändert von Gast; 17.03.2010, 18:57.

                  Kommentar


                    #10
                    Wenn ich diese Kritik von G. Kramer lese, weiß ich, warum ich mit dieser Zunft nichts zu tun haben will! Alles blumiges Geschwätz, von dem überhaupt nichts stimmt. Hat er Knöpfe auf den Ohren?

                    Es ist natürlich so: Wo die Ansprüche hoch geschraubt werden, da ist der Fall um so tiefer. Damit muß ein Lang Lang leben. Wenn er so weiter macht, wird auch er sich auf der Bühne nicht in dieser Position halten können. Dann ist der Effekt des Aufsehen erregenden "Youngstars" nämlich weg und die Leute fangen an, sich an seinen abgestandenen Manierismen zu ärgern. Das ist bei anderen auch so passiert. Nur wer wirklich musikalische Substanz hat, bleibt im Klassik-Bereich auch auf längere Sicht oben.

                    Lieber Bernd, mit 28 ist man der Jüngste nicht mehr. Da haben andere in weit jüngerem Alter schon deutlich mehr Reife gezeigt. Bei Blechacz z.B. ist einfach ein musikalischer Grundstock da, das merkt man, auch wenn auch bei ihm noch einiges fehlt. Bei Lang Lang vermisse ich das. Manierismen und sonst nichts! Ich hätte eigentlich erwartet, daß er sich in eine positive Richtung entwickelt. Diese Neigung zur "Überpointierung" hatte er schon immer. Aber leider ist in dieser Hinsicht keine Entwicklung festzustellen!

                    Beste Grüße
                    Holger

                    Kommentar


                      #11
                      Ich kann da nur insofern mitreden, als dass ich Andrei Gawrilow schon mehrfach (live) gehört habe und mir das bedeutend besser gefällt als die Darbietungen von Lang Lang. Für mich ist das einfach nicht mal die selbe Liga, wobei Gawrilow für mich sehr gut spielt. Das berührt mich richtig, während ich bei Lang Lang irgendwie nicht "reinkomme".

                      Gruss

                      David

                      Kommentar


                        #12
                        Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                        Hat er Knöpfe auf den Ohren?

                        ja. empirisch bewiesen.

                        lg
                        reno

                        Kommentar


                          #13
                          Hallo Holger..:Z

                          Darf ich fragen - wie Tzimon Barto bei Dir wegkommt?!

                          als Person und Denker gefällt er mir...

                          mfG.:E
                          Andreas

                          Kommentar


                            #14
                            Zitat von debonoo Beitrag anzeigen
                            ...
                            Darf ich fragen - wie Tzimon Barto bei Dir wegkommt?!
                            ...
                            Frag ihn lieber nicht ...!

                            Viele Grüße,

                            Bernd

                            Kommentar


                              #15
                              Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
                              ...

                              Lieber Bernd, mit 28 ist man der Jüngste nicht mehr. Da haben andere in weit jüngerem Alter schon deutlich mehr Reife gezeigt. ...
                              Lieber Holger,

                              mit diesem Alter gehört man aber auch sicherlich noch nicht zum alten Eisen. Technisch ist Lang-Lang immer noch aussergewöhnlich gut. Er kann alles spielen, was er will, nur es fehlt ihm am Einfühlungsvermögen, am Stil. Deshalb klingt alles so nach Zirkus. Ausserdem: er hat doch bisher Erfolg mit seiner Masche ! Aus seiner Sicht besteht doch gar keine Notwendigkeit, etwas zu ändern. Er wird immer noch begeistert gefeiert (ich habe aus der Live-Aufnahme die langen Beifallsstürme herausgeschnitten...).

                              Vielleicht kommt ja irgendwann der Punkt, an dem er erkennt, dass dieser schnelle Erfolg zu Lasten seines künstlerischen Vermögens geht. Und ein solches Vermögen würde ich ihm nicht absprechen, auch wenn er es derzeit nicht nutzt.

                              Viele Grüße,

                              Bernd

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