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Klavierabend Andsnes

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    #16
    Zitat von zatopek Beitrag anzeigen
    *) Imo gehen Bach´sche Tastenwerke nur auf dem Cembalo...
    Nö. Es gibt genug Pianisten, die schon das Gegenteil bewiesen haben. Allen voran Glenn Gould.
    Bei Bach geht es ja auch gar nicht um Klangfarbe wie bei Debussy oder Ravel, sondern vorrangig um Struktur. Im Prinzip kann man das unbeschadet auf jedem beliebigen Tasteninstrument spielen.

    "Ondine" ist übrigens ein Stück aus dem 2. Band der Préludes von Debussy. Vielleicht stammte das andere Stück ja ebenfalls aus dieser Sammlung.

    Gruß,
    Markus

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      #17
      Zitat von zatopek Beitrag anzeigen
      - Wieso beginnen so viele Interpreten ihren Abend ausgerechnet mit Bach ? Andsnes war vom ersten Takt an präsent und spielte die Toccata nicht romantisch verklärt, sondern nüchtern, geistig. Leider auf dem falschen Instrument *)

      Ich hatte nur den Eindruck, dass die Sonaten nicht so ganz wie aus einem Guss klangen.

      Als Zugabe gab es zwei Stücke von Debussy. Die Musik ist mir zu zeitverhaftet und dekadent :P. Aber diese Aufführung gefiel mir ausgesprochen gut ! Davon will ich mehr hören !

      *) Imo gehen Bach´sche Tastenwerke nur auf dem Cembalo...
      Hallo Bernd,

      ich kenne einen Cembalisten, der vertritt auch diese Meinung, daß man Musik von Bach, Scarlatti oder Couperin grundsätzlich nur auf dem Cembalo und nicht dem modernen Konzertflügel spielen könne! Da ist der total kompromißlos! Auch Claudio Arrau meinte, nachdem er das ganze "Wohltemperierte Klavier" aufgeführt hatte, das sei auf dem Flügel nicht wirklich zu realisieren und hat es nie mehr getan. Ich glaube wie Markus auch, daß man so nicht denken muß! Bach selbst hat ja kaum eine Gelegenheit zur Transkription ausgelassen! Warum soll der Flügel nicht ein Gewinn für die Komposition sein? Natürlich muß man da mit den Möglichkeiten des modernen Flügels sehr dosiert und bewußt umgehen. Aber das geht! Glenn Gould hat das beweisen, ein Edwin Fischer oder Svjatoslav Richter auch!

      Jaja, bei den Klassikern trennt sich die Spreu vom Weizen. Wobei man sagen muß - selbst so eine Größe wie Krystian Zimerman kommt mit Beethoven nicht so richtig klar. Op. 27 Nr. 1 u. 2 - eine geschlossene Interpretation: Maurizio Pollini (DGG für nur 10 Euro) aus seiner besten Zeit und natürlich Emil Gilels.

      Debussy dekadent? Da kann ich nur sagen: Arturo Benedetti Michelangeli hören - Preludes Heft I u. 2, die Images und Childrens Corner. ABM sagte: Debussy müsse man >klassisch< spielen - da gibt es auch nicht die Spur von Dekadenz! Und die Serialisten haben Debussy für sich entdeckt - allen voran Pierre Boulez. Da wird Debussy als Struktur-Musiker begriffen. Ich liebe Debussy seit meiner Jugend (und habe etliches von ihm gespielt!) - woran ABM natürlich nicht ganz unschuldig ist!

      Ein Freund von mir hat mir gerade Andsnes CD mit den Chopin-Sonaten Nr. 1 u. 2 zugesandt. Bin schon sehr gespannt. Er meinte (er spielt selbst einen Chopin-Zyklus in Wien und Baden Baden): Durchaus gute Ansätze, aber er sei einfach kein geborener Chopin-Spieler! Jedenfalls ist er - das finde ich auch - eine sympathische Erscheinung. Und die Grieg-Platte mit den Lyrischen Stücken ist jedenfalls sehr gut, ich kann sie hier nur nochmals empfehlen!

      Im Konzert werde ich ihn mir auch anhören, vielleicht kommt er ja mal nach Bielefeld!

      Beste Grüße
      Holger
      Zuletzt geändert von Gast; 27.04.2009, 18:29.

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        #18
        Bach auf dem richtigen Instrument

        Hallo Markus, hallo Holger,

        dachte ich mir doch, dass meine Äußerung polarisiert; lasst uns zanken

        Nun, ich fürchte, die Ausdrucksmöglichkeiten des Klaviers werden Interpreten immer dazu verführen, die Struktur der Bach´schen Musik auf die eine oder andere Weise zu emotionalisieren. Das hat imo nichts damit zu tun, dass die Bach´schen Stücke sich leicht auf andere Instrumente transkribieren lassen. Mir geht es um den Klang und da klingt die Bach´sche Musik auf dem Klavier für mich einfach nicht richtig.

        Ich habe kürzlich die Transkriptionen der fünften, zweiten und dritten Suite für Violoncello Solo von Leopod Godowski für das Klavier gehört. Es spielt Konstantin Scherbakov. Es war komisch: ich habe mir während des Hörens immer vorgestellt, wie das jetzt auf dem Cembalo klingen würde und mir gedacht, dass es wundervoll sein müsse. Auf dem Klavier ging es gar nicht ! Hoffnungslos romantisiert :P.

        Im übrigen: die schon fast an Verherrlichung grenzende Bewunderung für Gould´s Goldbergvariationen halte ich für erfolgreiche Ergebnisse eines überaus geschickten Marketing (deshalb versuchen andere junge Pianisten das auch nachzuahmen) und sachlich nicht für berechtigt. Er spielt gewiss nicht schlecht, aber doch sehr eigenwillig. Mit Bach hat das kaum noch etwas zu tun. Gould´s Aufnahme des "Wohltemperiertes Klavier" kenne ich nicht.


        VG, Bernd

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          #19
          Zitat von zatopek Beitrag anzeigen
          Er spielt gewiss nicht schlecht, aber doch sehr eigenwillig. Mit Bach hat das kaum noch etwas zu tun.
          Hat Bach Dir das gesagt?

          Allgemein bin ich aber immer noch der Meinung, dass es immer der Musiker ist, der etwas in die eine oder andere Richtung intepretiert und meinetwegen auch emotionalisiert und nicht das Instrument.

          Ein gutes Beispiel ist ja Wanda Landowska. Ja, es ist Cembalo. Aber doch weit entfernt von der "historically informed performance", wie man sie heute versteht.

          Gruß,
          Markus

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            #20
            Zitat von zatopek Beitrag anzeigen
            Nun, ich fürchte, die Ausdrucksmöglichkeiten des Klaviers werden Interpreten immer dazu verführen, die Struktur der Bach´schen Musik auf die eine oder andere Weise zu emotionalisieren.

            Ich habe kürzlich die Transkriptionen der fünften, zweiten und dritten Suite für Violoncello Solo von Leopod Godowski für das Klavier gehört. Es spielt Konstantin Scherbakov. Es war komisch: ich habe mir während des Hörens immer vorgestellt, wie das jetzt auf dem Cembalo klingen würde und mir gedacht, dass es wundervoll sein müsse. Auf dem Klavier ging es gar nicht ! Hoffnungslos romantisiert :P.

            Im übrigen: die schon fast an Verherrlichung grenzende Bewunderung für Gould´s Goldbergvariationen halte ich für erfolgreiche Ergebnisse eines überaus geschickten Marketing (deshalb versuchen andere junge Pianisten das auch nachzuahmen) und sachlich nicht für berechtigt. Er spielt gewiss nicht schlecht, aber doch sehr eigenwillig. Mit Bach hat das kaum noch etwas zu tun. Gould´s Aufnahme des "Wohltemperiertes Klavier" kenne ich nicht.
            Hallo Bernd,

            das Beispiel Godowsky ist natürlich insofern schlecht, als Godowskys Paraphrasen (die Vorbereitungen zu meinem Thread "Transkriptionen und Paraphrasen" sind fast abgeschlossen! ) romantisieren wollen! Das liegt also nicht am Instrument Klavier, sondern am Klaviersatz, wie ihn Godowsky komponiert hat! Auch ein Cembalo kann sehr affektgeladen klingen, je nach Bauart des Instruments. Ich erinnere mich an einen Film, wo Ralph Kirkpatrick auf dem Cembalo Scarlatti spielte - das wa so extrem farbig und emotional, dagegen wirkt das Klavier schon fast asketisch! Im Klavierunterricht habe ich noch gelernt, daß man Bach grundsätzlich ohne Pedal spielen müsse - was ich heute für Quatsch halte , aber daran haben sich viele orientiert, um Bach nicht zu romantisieren!

            Gould und Marketing - das stimmt ja nun wirklich nicht! Gould ist ein Individualist und eigenbrödlerischer Exzentriker, das stimmt. Aber auch ein Puritaner. Er selbst unterscheidet Pianisten, die "pianistisch" spielen, also die Möglichkeiten des Instruments voll ausnutzen, und solche puritanischen, am Klavieristischen uninteressierten Typen wie ihn selbst. Es gibt wohl keinen Pianisten, der so einen Instinkt für Bachsche Polyphonie hat wie Gould. An Goulds Bach kommt niemand vorbei - auch wenn er es anders machen will, muß er sich mit Gould auseinandersetzen! Viele haben das Problem, sich von diesem übermächtigen Vorbild erst einmal zu lösen. Das erklärt kein Marketing, sondern offenbar ist Gould einfach musikalisch so zwingend, daß man schon sehr gut sein muß, um eine wirkliche Alternative zu finden! (Dabei ist auch nicht so entscheidend, daß man alle Lösungen von Gould imitiert, sondern seine Zugangsart zu Bach wirkt prägend!) Seine Spieltechnik überträgt Gould von der Orgel (viele Klavierlehrer sagen nicht umsonst, das Orgelspiel mache die Klaviertechnik kaputt, bei Gould war das anders!), er hängt ja fast unter dem Klavier, macht alles aus den Fingern: jeder einzelne Ton ist hörbar. Man muß nicht alles gelungen finden, was Gould macht, aber spannend und lehrreich ist es immer! Das ist einer der Musik wirklich denkt! Da gibt es keinerlei Effekthascherei oder Show-Effekte, das ist ein totehrlicher Musiker: Musik als Selbstbekenntnis! Von den Goldberg-Variationen gibt es zwei ganz unterschiedliche Aufnahmen von ihm - die alte, mit der er berühmt wurde und die späte, die deutlich langsamer ist und von der ein eindrucksvoller Filmmitschnitt existiert. Gould dirigiert sich dort selbst - den Film spielte Kyrill Kondrashin - der Gould sehr bewunderte - seinen Dirigierschülern vor!

            Die späte Aufnahme der Haydn-Sonaten ist übrigens toll! Die langsamen Sätze sehr expressiv - aber ohne jede Romantisierung, Ausdruck pur, puritanisch-asketisch eben! Die späte Sonate, die Horowitz in seiner letzten Aufnahme vorträgt, spielt er 1980 viel unexzentrischer als 1958, wo er das Finale im Zeitlupentempo zerdehnt aber dabei eine ganz neue Hörperspektive (die marschartige Rhythmik) entdeckt. Die späte Aufnahme ist da unauffälliger - um nicht zu sagen >konventioneller<! Solche Überraschungen erlebt man bei Gould ständig!

            Beste Grüße
            Holger

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              #21
              So, heute habe ich mir nun den Chopin von Andsnes zu Gemüte geführt - die Chopin-Sonaten Nr. 1 und 2. Die 1. ist eine Schülerarbeit - da hat Chopin noch nicht richtig zu sich selbst gefunden, deshalb wird sie relativ selten gespielt und ist auch weniger bekannt.

              Vorweg gesagt: Die 1. Sonate hat mir überhaupt nicht gefallen, die 2. dagegen gefiel mir überraschend eigentlich sehr gut!

              Im 1. Satz (Sonate Nr. 1) bekommt Andsnes es von Anfang an nicht hin, für das Thema einen Bewegungsbewegungsimpuls zu entwickeln. Das ist einfach tödlich langweilig und ohne Konzept. Bei den dynamischen Passagen verfällt er auf die Dirigenten-Marotte, die leisen Passagen langsam zu spielen und die lauten schnell. Das ist nicht nur altmodisch, sondern übertüncht den Mangel an logischer Entwicklung in seiner Interpretation – eine Pseudo-Dramatik! Harasiewicz ist hier ähnlich schlecht! Sehr vordergründig und ebenso ohne jede Entwicklungslogik. Die hört man bei Ashkenazy. Da wird nicht nur von Anfang an differenziert phrasiert, sondern es entsteht so etwas wie ein immer wieder aufflammendes musikalisches Drängen! Das Scherzo ist bei Andsnes auch wieder sehr unspezifisch – da charakterisiert Ashkenazy wiederum deutlich prägnanter. Lichtblick: Das Trio. Das finde ich wieder ganz schön!

              Ein Totalausfall das „Larghetto“ – „con molta espressione“. Das klingt nach mittlerem Beethoven. Bei Andsnes ist das einfach völlig ausdruckslos – wie auch bei Harasiewicz, der macht das um keinen Deut besser! Sehr schön Ashkenazy. Man merkt, er kennt sämtliche Beethoven-Sonaten. Die musikalische Linie wird bei ihm wunderbar plastisch herausgearbeit. Das Finale ist bei Andsnes noch am besten. Ganz fürchterlich aber die mit >appasionato< überschriebene Passage: Ohne jede Passion gespielt. Auch Harasiewicz scheitert hier – nur bei Ashkenazy ist das überzeugend!

              Dagegen hat mich die b-moll-Sonate (mit dem Trauermarsch) positiv überrascht! Ich finde sie insgesamt überzeugender als die Aufnahme von Helene Grimaux. Die Einleitung ist überlegt gespielt, er phrasiert genau, die Entwicklung vom Piano zum Forte beim Hauptthema stimmt. Einziger Einwand: Beim Seitenthema wahrt er nicht den musikalischen Fluß. Die Passage tritt auf der Stelle, wirkt wie entdynamisiert, gerät so zum Fremdkörper. Sehr gelungen dagegen die Tempo-Dehnung zu Beginn der Durchführung, das wirkt sehr dramatisch. Das Problem ist ein bischen sein Forte, dass zu harsch und ausdruckslos klingt, ein bisschen zu sehr nach >Klavierwettbewerb<. Der Beginn des Scherzos wirkt ein bischen routiniert heruntergespielt. Schön dagegen das Trio, einfühlsam. Das klingt z.B. bei Helene Grimaux sehr hölzern. Im Trauermarsch gelingt ihm wie Pollini eine groß angelegte Steigerung auf den dramatischen Höhepunkt hin – vielleicht nicht ganz so souverän. Der lyrische Einschub – Fata Morgana unmöglichen Glücks – gerät bei den meisten ziemlich blaß. Das macht er finde ich gut – spielt sehr fein und zurückhaltend. Das irrlichtende Finale ist technisch vorzüglich gespielt - vielleicht ein bischen zu etüdenhaft. An die Topaufnahmen (ABM, Gilels, Rubinstein) kommt er freilich nicht heran – aber das ist schon eine bemerkenswerte, sehr gute Aufnahme. Was ihm fehlt, ist ein singender Ton, Schmelz und auch so etwas wie eine persönliche Handschrift, eine individuelle Charakterisierung.

              Beste Grüße
              Holger

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