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Wer hat Angst vor neuer Musik?

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    #31
    Zitat von Dr. Holger Kaletha Beitrag anzeigen
    Bemerkenswert finde ich, daß bisher keiner einen Draht zu den >Klassikern< der neuen Musik, Arnold Schönberg und Anton Webern, zu haben scheint!
    Das ist mir schon vor Jahren aufgefallen, dass damit viele nichts anfangen können. Den ausgesprochenen Klassik-Fans ist es vielfach zu "modern" und den an Neuer Musik, Elektronik, Free Jazz usw. Interessierten formal zu traditionsverhaftet oder zu "akademisch".

    Dabei passieren gerade bei Webern oft die unglaublichsten Sachen - und das in kürzester Zeit und auf kleinstem Raum. Wobei ich befürchte, dass gerade dieser Miniatur-Charakter einiger seiner Werke vielen den Zugang erschwert. Bei Webern kann man nicht "in Klang baden". Man muss ganz konzentriert zuhören, sonst rauscht diese Musik komplett an einem vorbei.

    Gruß,
    Markus

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      #32
      Zitat von Markus Berzborn Beitrag anzeigen

      Dabei passieren gerade bei Webern oft die unglaublichsten Sachen - und das in kürzester Zeit und auf kleinstem Raum. Wobei ich befürchte, dass gerade dieser Miniatur-Charakter einiger seiner Werke vielen den Zugang erschwert. Bei Webern kann man nicht "in Klang baden". Man muss ganz konzentriert zuhören, sonst rauscht diese Musik komplett an einem vorbei.
      Stimmt genau, und genau deswegen wirkt diese Musik auf mich so magisch anziehend!

      Gruß Holger

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        #33
        Zitat von Markus Berzborn Beitrag anzeigen
        Im Allgemeinen versteht man darunter Musik nach dem 2. Weltkrieg, die - zunächst meist ausgehend von einer Erweiterung der Schönbergschen tonhöhenbezogenen Reihentechnik auf weitere Parameter - für sich in Anspruch nimmt, durch radikale Infragestellung von Konventionen die musikalische Komposition und ihre Implikationen von Grund auf neu zu überdenken.
        Aha,

        da muss man also studiert haben um wenigstens die Beschreibung zu vestehen;)

        Danke,
        Uwe

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          #34
          Hm,

          nicht unspannend der Thread. Womit fängt man denn da so an? :Y Empfehlt mir doch mal ein paar Aufnahmen zum Einstieg in die ganze Sache. Ein Grundstock sozusagen.

          Grüße

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            #35
            Zitat von Mr. Wiggels Beitrag anzeigen
            Hm,

            nicht unspannend der Thread. Womit fängt man denn da so an? :Y Empfehlt mir doch mal ein paar Aufnahmen zum Einstieg in die ganze Sache. Ein Grundstock sozusagen.
            Ich finde es besser, so eine Empfehlung >individuell< zu geben! Was hörst Du denn so an klassischer Musik? Orchester, Klavier, Violine? Hörst Du z.B. Debussy oder Scriabin z.B.? Der Einstieg sieht immer anders aus je nach musikalischer >Vorbildung<!

            Beste Grüße
            Holger

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              #36
              Tach,

              ich würde alles vom Kronos- und/oder Balanescu-Quartet empfehlen. Viele der bisher genannten "neuen" Komponisten hat für diese Ensembles komponiert. Steve Reich und Gavin Bryars oder Arvo Pärt sind auch sehr hörenswert und noch nicht ganz so anstrengend, wie andere Komponisten. Mein persönlicher Favorit ist Alfred Schnittke zB aus der Master-Serie der DGG mit Gidon Kremer (hier ein link zum Download-Portal bei der DGG).

              Leider darf ich solche Musik nur im Keller oder mit Kopfhörer hören; andernfalls machen meine Frau und/oder meine Kinder die Anlage einfach gnadenlos aus.

              Gruß

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                #37
                Zitat von UweM Beitrag anzeigen
                Aha,

                da muss man also studiert haben um wenigstens die Beschreibung zu vestehen;)
                Hallo Uwe,

                muß man nicht! Man muß es nur etwas ausführlicher erklären. Die Zwölftontechnik, die Schönberg erfunden hat, ist eine Komposition mit zwölf gleich berechtigten (!) Tönen - darauf kommt es an: auf die Gleichberechtigung. Man will nämlich vermeiden, daß die Töne nicht gleichberechtigt sind und der Eindruck eines Grundtons entsteht, wie bei der Dur-Moll-Tonalität. Z.B. C-Dur. Das wird so erreicht, indem man in der Zwölftonreihe die Wiederholung vermeidet. Bevor alle Töne einer Zwölftonreihe (die verschieden angeordnet werden können, da ist der Komponist frei) erklungen sind, darf kein Ton wiederholt werden! Das ist das Prinzip.

                Nun war Schönberg alles andere als ein >Revoluzer<. Er wollte so komponieren wie Beethoven und Brahms, nur mit anderen Mitteln. Er hat also die Reihe verwendet um damit ganz herkömmliche >Melodien< zu komponieren. Dagegen haben sich die Komponisten nach 1950 gewehrt - darauf hat Markus hingewiesen. Das waren Pierre Boulez (Frankreich), Karlheinz Stockhausen (Deutschl.) und Luigi Nono (Italien) und viele andere! Das ist die sogenannte >serielle Musik<.

                Was sie wollten verdeutlicht sehr schön die folgende Anekdote: Sie trafen sich in Darmstadt, bei den berühmten Kursen für neue Musik. Dort war auch Theodor W. Adorno zugegen, der übrigens nicht nur Philosoph war, die "Philosophie der neuen Musik" geschrieben hat, sondern bei Schönbergs Schüler Alban Berg Komposition studiert hatte. Adorno hörte sich an, was die jungen Leute da so musizierten (er war ja >vom Fach<) und war irritiert. Er vermißte das >Melodische< und fragte entrüstet: "Wo ist denn da Vordersatz und Nachsatz"? Darauf stand ein junger Student auf und sagte: "Herr Professor, sie suchen nach dem Huhn im abstrakten Bild!" Der freche Student, den damals noch keiner kannte, war Karlheinz Stockhausen!

                Also Boulez, Stockhausen u.a. haben Schönberg vorgeworfen, die Reihe nur als Mittel zum Zweck zu gebrauchen, um traditionelle Melodien zu komponieren und haben deshalb das Programm erhoben, die Reihe zu emanzipieren - was letztlich heißt: >amelodische< Musik zu komponieren! Die >Reihe< sollte wirklich Formprinzip werden. Und deshalb hat man sich nicht auf Schönberg, sondern auf Anton Webern berufen. Für die >Serialisten< ist eigentlich erst Webern derjenige, der mit der Reihenkomposition wirklich ernst gemacht hat. In diesem Zusammenhang hat man dann das Prinzip der Reihenkomposition ausgedehnt auf die ganze Komposition. Es werden nicht nur die Tonhöhen erfaßt, sondern auch Rhythmus, Klangfarbe usw. In der seriellen Musik nach 1950 wird die Reihenkomposition >universell<!

                Ich hoffe, das war einigermaßen verständlich!

                Beste Grüße
                Holger

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                  #38
                  Zitat von zatopek Beitrag anzeigen
                  Mein persönlicher Favorit ist Alfred Schnittke zB aus der Master-Serie der DGG mit Gidon Kremer (hier ein link zum Download-Portal bei der DGG).

                  Leider darf ich solche Musik nur im Keller oder mit Kopfhörer hören; andernfalls machen meine Frau und/oder meine Kinder die Anlage einfach gnadenlos aus.
                  Hallo Zatopek,

                  der Schnittke mit Gidon Kremer ist wirklich sehr zu empfehlen, die CD habe ich auch! (Bei Schnittke kommt die >Postmoderne< ins Spiel mit seinen Zitaten verschiedener Stile aus unterschiedlichen Epochen, wenn es plötzlich von Bach gleitend übergeht in die Klangwelt Weberns!) Leider gibt es Kremers Solo-Platte (A Paganini, DGG) nicht mehr, da war wirklich ein unglaubliches Schnittke-Stück drauf!

                  Meine Frau hat zwar auch mit mir zusammen ein Stockhausen-Konzert besucht und ihn selber dabei persönlich kennengelernt, aber >neue Musik< ist nicht wirklich ihr Ding! Ich höre so etwas deshalb vornehmlich auch dann, wenn ich die >Bude< für mich allein habe... Die Kinder sind vielleicht noch etwas zu jung? U.u. ist es besser, sie mal in ein Konzert mitzunehmen mit u.a. neuer Musik, da ist der Zugang leichter als über die Anlage!

                  Beste Grüße
                  Holger

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                    #39
                    So, bin gerade auf dem Sprung nach Paris, Koffer ist schon im Auto.
                    Darum nur ganz kurz: Für den Einstieg in das Werk Stockhausens empfiehlt sich die CD mit den frühen elektronischen Stücken - Etude, Studien I und II, Gesang der Jünglinge, Kontakte.
                    Die Empfehlung stammt nicht von mir, sondern vom Komponisten persönlich. ;)

                    Gruß,
                    Markus

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                      #40
                      britten mag ich sehr.

                      und wenn das noch als "neue musik" gilt (als zeitgenossen mahlers): die iberer, allen voran albeniz und granados.
                      aber auch heutiges wie zb. rodrigo. gerade der ist sicher kein neutöner und eher einfach zu hören. aber ich mag das.

                      ich hatte auch immer freude mit ligeti. da spürt man einfach, dass der alte herr sehr viel humor hatte. was sich mit den 100 metronomen an rhytmik entwickelt und die illusion erzeugt, fast auch klänge und melodien zu hören, obwohl keine da sind. das hat was. man muss halt etwas zeit und geduld aufbringen.

                      einer meiner verwandten war "notenstecher". dh: partituren und einzelstimmen wurden lange zeit händisch gesetzt. der hatte mal eine partitur der "jünglinge im feuerofen" von stockhausen zu setzen. das war wirklich höchst interessant - auch vom graphischen blickpunkt aus.

                      wie weit geht für euch der begriff "klassik" im bezug auf neue musik?

                      kann irgendwer hier etwas mit klaus schulze anfangen? ein pionier der elektronischen musik. gerade die früheren werke sind unglaublich. da gibts kaum etwas unter 30 minuten und es entwickelt sich durch die breiten klangflächen und endlosen loops ein sehr eindrückliches gesamtes. die notation hat er sich vielleich auch von stockhausen abgekuckt. auch schulzes partituren sind äusserst interessant.

                      wie würdet ihr das einordnen? da passt eigentlich keine schubladisierung der u-musik.

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                        #41
                        Interessantes Thema!

                        Wie es der Zufall so will, habe ich mir gestern vormittag in unserer Dorfbücherei etwas Lesestoff geholt, unter anderem dieses Buch:

                        Josef Häusler
                        Musik im 20. jahrhundert
                        von Schönberg zu Penderecki
                        Schünemann-Verlag, 1969 (!!!)

                        Eigentlich, weil ich etwas mehr Informationen über bestimmte Komponisten des frühen 20. Jahrhunderts suchte (u.a. Ravel, Debussy, Bartok, Ives ...).

                        Eigene Hörerfahrung mit "Neuer Musik" habe ich noch aus meinen Tagen als aktiver Klangschrauber: Stockhausen, Reich, Cage, ...

                        Allerdings sind mir die meisten dieser Werke zum _zu Hause_ hören dann doch zu sperrig (könnte auch sagen zu "unpersönlich"). Mir sind da Live-Veranstaltungen lieber, da mir da meist eher der Sinn des Ganzen vermittelt werden kann.

                        Aber ich bleib am Ball, denn zum dazulernen gibt es immer was ;)

                        Grüsse
                        Harald

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                          #42
                          Hallo Holger,

                          danke für die ausführliche Erklärung. Im Musikunterricht wurden wir auch schon damit konfrontiert. Wir waren sogar aufgefordert, eigene Instrumente zu basteln und gemeinsam zu "musizieren". Für das auf Band aufgenommene sollten wir dann eine eigene Notenschrift erfinden, mit Symbolen, Mustern und Farben.
                          Ich persönlich war froh, als das vorbei war. Das beste daran war, dass es darauf keine (Schul-)Noten gab. Das beliebige entzieht sich der Bewertung.

                          Ich habe festgestellt, dass mir Musik am besten gefällt von Leuten, die einfach nur Musik machen wollen. Dabei fallen "mit den konventionen brechende, radikale Fragesteller" genau so durch den Rost, wie irgendwelche nach marktgesichtspunkten zusammengecastete Teeniebands.

                          Der Vergleich mit der abstrakten Malerei lag mir auch schon auf der Zunge. Dafür fehlt mir auch jegliches Verständnis und auch Interesse. Versucht habe ich es durchaus. Ein Besuch in Münchens Pinakothek der Moderne war sehr amüsant. Manches ähnelt stark dem, was meine Kinder im Vorschulalter mit Fingerfarben fabriziert haben. Eine prominente Signatur drunter und daneben gehängt - das fällt keinem auf, jede Wette.
                          Wir haben irgendwann angefangen, zu überlegen, was die Bilder darstellen sollen und dann nachgesehen, wie der Hersteller es benannt hat.

                          Musik dieser Art macht auf mich den gleichen Eindruck: Irgendetwas unmelodiöses dahingeschmiert und nachträglich eine möglichst intellektuell klingende Begründung dafür gebastelt. Ich fühle mich dabei veräppelt.
                          Wer erinnert sich nicht an den genialen Sketch von Hape Kerkeling ("Das Lamm - auf einer grünen Wiieeeese! Und es macht - HURTZ!") und die anschließende Diskussion mit dem andächtig lauschenden Publikum, bei der sich keiner mehr traute zuzugeben, dass er da eben Mist gehört hat, schon gar nicht nachdem Hape der einzigen Kritikerin unterstellte, ihr fehle womöglich der "intellektuelle Zugang".
                          Dabei kann das ganze durchaus höchste spieltechnische Anforderungen an den Musiker stellen. Vor den Jungs, die das spielen müssen habe ich Respekt.

                          Ich finde das dagegen eine Zumutung.

                          Grüße,

                          Uwe

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                            #43
                            Zitat von UweM Beitrag anzeigen
                            Der Vergleich mit der abstrakten Malerei lag mir auch schon auf der Zunge. Dafür fehlt mir auch jegliches Verständnis und auch Interesse. Versucht habe ich es durchaus. Ein Besuch in Münchens Pinakothek der Moderne war sehr amüsant. Manches ähnelt stark dem, was meine Kinder im Vorschulalter mit Fingerfarben fabriziert haben. Eine prominente Signatur drunter und daneben gehängt - das fällt keinem auf, jede Wette.
                            naja, wenn dir der zugang dazu fehlt, dann vielleicht weil man im allgemeinen zu wenig drüber weiss. gerade vieles in der abstrakten malerei hat für mich einen direkten konnex zu musik.

                            beispiel: mondrian mit seinen strukturierten farbflächen. er verwendet nur "reine", unvermischte grundfarben. blau, rot, gelb, schwarz. das wars. dazwischen ein raster, welches die verschiedenfarbigen flächen trennt. das kann mein töchterchen auch - oder eben doch nicht!

                            für mich sind das ganz klar visualisierte akkorde oder klangmuster. er malte ganze serien von bildern mit musikalischen titeln wie zb. "boogie woogie" und ich finde, die kann man wirklich "lesen".

                            ich erinnere mich, als ich mit einem völlig kunst-unbedarften freund im museum in chikago vor einem dieser bilder saß, und der spontan die ersten töne aus keith jarretts köln concert gesummt hat. diese bilder "klingen".

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                              #44
                              Hallo Uwe,

                              die Parodie von Hape Kerkeling ist wirklich göttlich! Ich lache mich jedesmal tot, wenn ich sie sehe! Sie weist auf ein durchaus ernstes Problem hin, dieser Tendenz zur Elementarisierung in der modernen Kunst. Die "Reduktion des Komplexen auf das Einfache" von der Thomas Mann sprach, ist eine Gradwanderung, das Ganze kann auch in Banalität umkippen. Das trifft natürlich die genialen höchst >kunstvollen< Lieder von Anton Webern überhaupt nicht! Da kommt man aus dem andächtigen Staunen nicht mehr heraus: Das Hochkomplexe im Einfachen, der Vergleich mit dem >Wohltemperierten Klavier< Bachs in qualitativer Hinsicht ist hier angebracht!

                              Dem Hinweis auf die abstrakte Malerei lohnt es sich nachzugehen! Webern hat den Begriff >abstrakte Musik< verwendet - zur Bezeichnung der Musik von Johann Sebastian Bach!

                              Beste Grüße
                              Holger

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                                #45
                                Hallo Bluenote,

                                Stockhausens Noten sind faszinierend! Ich habe einige zuhause, die Stockhausen mir geschenkt hat!

                                Die spanische Musik mag ich sehr, Albeniz, Granados, der >spanische Impressionismus<, gespielt von der wunderbaren Alicia de Larrocha! Frederico Mompou solltest Du mal hören!

                                Hallo Harald,

                                das Buch kenne ich leider nicht, obwohl ich natürlich eingiges auf dem Gebiet gelesen habe! Du kannst uns ja mitteilen, wie es Dir gefallen hat!

                                Beste Grüße
                                Holger

                                Kommentar

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